Bild: Tesla Daily
Viele Jahre lang hat der frühere Journalist und Hedgefonds-Manager Jim Cramer, der heute vor allem als Börsen-Kommentator auftritt, vor der Aktie von Tesla gewarnt. Aber anders als andere Tesla-Skeptiker, die mit leerverkauften Aktien viel Geld verlieren, hat Cramer zwar nicht seinen gelegentlich spöttischen Tonfall aufgegeben, aber seine vorsichtige Haltung. 2017 erklärte er erstmals, die Pessimisten-Sichtweise auf Tesla habe sich erledigt, und zuletzt lobte er eigentlich alles, was Musk macht, und verteidigte ihn gegen Kritiker. Wie es zu diesem Sinneswandel kam, hat Cramer jetzt in einem Interview erklärt.
Zwei Tesla-Fans in der Familie
Und darin sparte er nicht mit großen Worten. Was mit ihm und Tesla geschehen sei, bezeichnete Cramer im Gespräch mit Tesla Daily als nicht weniger als eine „religiöse Bekehrung“. Dabei lagen der Tesla-Chef und der Börsen-Experte Anfang 2019 zwischendurch noch einmal öffentlich im Clinch. Cramer forderte wegen Streitereien mit der Börsen-Aufsicht Musks Ablösung als CEO, Musk revanchierte sich wenig später, indem er den Kommentator als „Simulation“ bezeichnete.
Abgesehen davon aber passierten zwei Dinge, die laut Cramer dafür sorgten, dass er seine persönlichen Bedenken gegenüber Musk aufgab und jetzt wie der CEO selbst an eine große Tesla-Zukunft unter dessen Führung glaubt. Erstens sei seine Tochter Tesla gefahren und habe sich vor Begeisterung kaum halten können – „Tesla hat sie zum Auto-Fan gemacht“. Er selbst interessiere sich weiter sehr wenig für Autos, aber auch seine Frau habe dann bald einen Tesla getestet und sei hingerissen gewesen.
Auffällig in diesem Zusammenhang: Mehrere lange überzeugte Tesla-Investoren berichten ebenfalls, erst durch eine Fahrt in einem der Elektroautos deren Potenzial verstanden zu haben. Und auch Musk selbst bestand vor dem Börsengang in 2010 laut einem Rückblick eines beteiligten Bankers darauf, dass Großanleger bei der Werbe-Tour für die Aktie auch Tesla-Probefahrten machen konnten.
Aber elegante Elektroautos sind nicht alles – ein Unternehmen muss auch genügend Geld haben und einnehmen, um sie dauerhaft zu produzieren. Mit Blick auf die zunächst nicht wie heute mit Milliarden an Kapital-Puffer ausgestattete Bilanz von Tesla hatte Cramer deshalb ebenfalls Bedenken, wie er berichtete. Doch auch die wurden ihm ausgetrieben, in diesem Fall von einem Freund, der ebenfalls schon Tesla fuhr.
Cramer lobt eigene Tesla-Kapitulation
Dem ehemaligen Finanzvorstand bei einer Silicon-Valley-Firma habe er von der Tesla-Begeisterung in seiner Familie berichtet, erzählt Cramer in dem Interview. Aber er habe mit Blick auf Unternehmen und Aktie auch darauf hingewiesen, dass es Tesla einfach an der nötigen Finanzkraft fehle. Der Freund habe ihm in die Augen gesehen und darauf hingewiesen, dass Tesla wenn nötig im Handumdrehen zwei Milliarden Dollar neues Aktien-Kapital bekommen könne.
Genau das sei der Moment seiner Bekehrung gewesen, sagt Cramer. An diesem Punkt sei ihm klar geworden, dass Tesla nicht wirklich ein Bilanz-Problem hatte oder bekommen würde. Nach den begeisterten Äußerungen über das Tesla-Fahrerlebnis von drei ihm nahestehenden Personen und dem Hinweis auf die finanziellen Möglichkeiten habe er entschieden, „nicht mehr gegen die Wahrheit und den Fortschritt zu kämpfen“, und setze sich seitdem durchgehend für die Tesla-Aktie ein: „Ich habe kapituliert, und das war eine meiner besten Entscheidungen“.