Bild: @Frontal21
Trotz immerhin eines kurzen Wikipedia-Eintrags ist die Schweizer Publikation Private nicht übermäßig bekannt, und weder dort noch auf ihrer Website ist etwas über die verkaufte Auflage zu erfahren. Immerhin aber hat das Geld-Magazin (Untertitel) laut seiner Eigendarstellung bislang „sämtliche Stürme auf dem Schweizer Medienmarkt überstanden“. Im Jahr 2002 stiftete Norbert Bernhard, Gründer und Besitzer der dahinter stehenden Private Magazin und Medienpreis GmbH, sogar einen Preis für hochwertigen Journalismus. Und in diesem Jahr hat in einer seiner Kategorien eine TV-Dokumentation über Tesla in Deutschland gewonnen, die sogar die Aufmerksamkeit von CEO Elon Musk erregte – aber nicht im positiven Sinn.
ZDF reagierte auf Fan-Kritik
„Wow, shame on ZDF Info!“, kommentierte Musk in diesem März auf Twitter, nachdem sich dort einige seiner Follower über einen Beitrag im ZDF-Hauptprogramm geärgert hatten. Unter dem Titel „Turbo, Tempo, Tesla – Elon Musk in Brandenburg“ lief dort eine Woche zuvor eine 43-minütige Sendung, in der sich zwei Mitglieder der Redaktion des Magazins Frontal 21 mit dem Bau der deutschen Gigafactory beschäftigten.
Kritiker bezeichneten sie als einseitig und führten als in ihren Augen manipulativ eine Twitter-Nachricht von Musk an, die Frontal ins Deutsche übersetzt und dabei hinten abgeschnitten hatte. Eine prominente Rolle in dem Beitrag spielte außerdem der Chef des für Tesla zuständigen Wasser-Verbandes WSE. Vorab zitierte ihn Frontal 21 mit der Aussage, „die Trinkwasser-Versorgung wird geopfert auf dem Gabentisch der Wirtschaftspolitik“, die auch in dem ausgestrahlten Beitrag zu sehen war. Eine WSE-Sprecherin stellte anschließend allerdings klar, diese und andere Warnungen des Vorstehers über Knappheit seien stets nur langfristig gemeint gewesen – „Wir sind keine Gegner von Tesla“, sagte sie.
Frontal 21 selbst hat auf der Webseite zu dem umstrittenen Beitrag inzwischen „Fakten und Hintergründe zur Dokumentation“ eingestellt, in denen die Redaktion auf die Vorwürfe eingeht. Zum Thema „Dumpinglöhne“ zum Beispiel hält die Redaktion fest, bei Tesla gebe es keine tarifgebundenen Löhne, was ein Gewerkschafter kritisiert habe. Auf Aussagen des Chefs der Arbeitsagentur Frankfurt/Oder, laut dem die Tesla-Bezahlung auf niedrigen Stufen einschließlich Schicht-Zuschlägen dem mittleren Einkommen in Brandenburg entspreche, geht sie nicht ein.
Jury findet Tesla-Beitrag ausgewogen
Insofern ließen sich die Frontal-Kritiker nicht besänftigen – und nachdem sich die Aufregung schon gelegt hatte, gießt Private aus der Schweiz jetzt neues Öl ins Feuer des Streits um Tesla und die Medien. Im kleinen Rahmen in einem Hotel in Zürich habe die Verleihung des eigenen Medienpreises für Qualitätsjournalismus stattgefunden, teilte der Verlag Ende Mai mit – er sei der „vielleicht wichtigste“ dieser Art in der Schweiz und Europa. Und eine von den insgesamt sechs Auszeichnungen, der Ehrenpreis TV, ging an die Dokumentation über Teslas deutsches Gigafactory-Projekt. Auch Frontal 21 wies darauf hin und zeigte in einer Twitter-Nachricht das frisch ausgezeichnete Autoren-Duo (s. Foto oben).
Herzlichen Glückwunsch! Für ihre Dokumentation "Turbo, Tempo, Tesla – Elon Musk in Brandenburg" haben die #Frontal21-Autoren @ch_esser und @MankaHeise den "Private-Medienpreis für Qualitätsjournalismus" in Silber erhalten: https://t.co/8Izn9uJocj #Tesla @ZDF @ZDFpresse pic.twitter.com/8N6TH4aQHw
— frontal (@ZDFfrontal) May 31, 2021
Nach Informationen in der Ausschreibung zu der Private-Prämierung ist der Ehrenpreis mit 5000 Schweizer Franken dotiert, und Autoren konnten sich für alle Kategorien selbst bewerben. Und so umstritten die Entscheidung für die Tesla-Dokumentation ist und noch werden mag, Vorsitzender der Jury ist immerhin der Präsident der Eidgenössischen Medienkommission der Schweiz. Den Rest des Gremiums und die Sponsoren stellen bekannte Namen aus der Finanzwelt des Landes.
Immerhin ist die Schweiz bekanntlich neutral, sodass man ihrer Finanz- und Medien-Elite vielleicht auch einen unvoreingenommenen Blick auf das Thema Tesla in Deutschland zutrauen könnte. Der ZDF-Beitrag zeige, dass das Vorhaben für die Gigafactory in Grünheide „stark polarisiert“, erklärte der Chef der Medien-Kommission in seiner Laudatio. Darauf immerhin dürften sich alle Seiten einigen können. Dann allerdings lobte er weiter, das Team erzähle eine Innovationsgeschichte, ohne dass es „sich auf die eine oder andere Seite“ schlägt. Dazu haben Tesla-Fans und der CEO selbst schon erkennen lassen, dass sie das ganz anders sehen.