Bild: @tobilindh
„Frontal 21“ ist laut seiner Selbstbeschreibung auf Twitter „das kritische Magazin im ZDF“ und hat vergangene Woche getreu dieser Ausrichtung über den Bau der Tesla-Gigafactory in Grünheide bei Berlin berichtet. „Turbo, Tempo, Tesla – Elon Musk in Brandenburg“, lautete der Titel der 43-minütigen Sendung. In seiner Allgemeinheit war das vielleicht schon ein Hinweis darauf, dass bei den langen Recherchen nichts Spektakuläres herausgekommen ist. Trotzdem reagierten manche Tesla-Fans wütend auf angebliche Manipulationen in der Dokumentation, und selbst CEO Elon Musk erklärte auf Twitter, das ZDF solle sich schämen. Die Redaktion von Frontal 21 lud ihn daraufhin zu einem Interview ein und nahm später zu den Vorwürfen Stellung (s. Aktualisierung ganz unten)
Aussage von Tesla-Chef gekürzt
In der Sendung kam unter anderem ausführlich André Bähler zu Wort, Vorsteher des für das Tesla-Grundstück in Grünheide zuständigen Wasserverbands Strausberg-Erkner (WSE). Mit frühen Warnungen zu Versorgung und Entsorgung hatte der Verband die allgemeine Begeisterung für das deutsche Gigafactory-Projekt getrübt. Inzwischen ist die Belieferung durch den WSE für die erste Tesla-Ausbaustufe vertraglich gesichert, aber Bähler sagte dem ZDF, für weitere stehe lokal nicht genügend Wasser zur Verfügung.
Brandenburgs Umweltminister Axel Vogel bestätigte in der Dokumentation diese bekannte Information. Andere Optionen würden geprüft, und wenn es auch dort nicht genügend Wasser gebe, bestehe die Möglichkeit, dass Industrie-Projekte nicht realisiert werden könnten, sagte er.
Der wohl schwerste Vorwurf gegen die ZDF-Sendung lautete anschließend, die Redaktion habe eine Twitter-Nachricht von Tesla-Chef Musk von Januar 2020 „manipuliert“. Davon zeigte sie mehrere, jeweils in deutscher Übersetzung, die in die ursprüngliche Twitter-Darstellung hineinmontiert wurde. „Ich glaube, wir müssen ein paar Sachen klarstellen: Tesla wird nicht jeden Tag so viel Wasser brauchen“ war eine davon. Im englischen Original hatte Musk noch ergänzt, dass mit einer zuvor genannten hohen Angabe seltene Spitzen gemeint waren, und zum ebenfalls angesprochenen Thema Wald-Rodung für die Tesla-Fabrik erklärt, dieser sei nur für Karton gepflanzt worden und werde ohnehin nur teilweise gerodet.
ZDFinfo seriously doctored an Elon Musk Tweet!
Is there any journalistic ethic left?
How could an editor ever approve this film?Shame on @ZDFinfo
ZDF Info & die gesamte Redation sollte sich schämen eine Bericht zu veröffentlichen der von ZDF manipulierte Tweets beinhaltet pic.twitter.com/3zPiy33rIz
— Alex (@alex_avoigt) March 19, 2021
Diese Kürzung präsentierte ein Tesla-Fan aus dem Twitter-Kreis von Elon Musk vergangene Woche auf Englisch als „seriously doctored“. Auf Deutsch erklärte er, der Sender und die gesamte Redaktion „sollte sich schämen“, einen Bericht veröffentlicht zu haben, „der von ZDF manipulierte Tweets beinhaltet“. Der Twitter-Account @ZDFinfo bestätigte, Musks Aussagen verkürzt zu haben, bezeichnete die Darstellung aber als „inhaltlich nicht falsch“ und fragte nach, worauf der Vorwurf der Manipulation gründe. Eine direkte Antwort darauf gab der Gefragte nicht. Aktualisierung: Später erklärte er, das Zitat sei „inhaltlich verfälscht“ und Musks Intention bei der Twitter-Aussage eine andere gewesen als in der gesendeten Fassung.
ZDF lädt Musk nach Kritik zu Interview ein
Aber damit war die Angelegenheit noch nicht beendet. Die Angriffe auf das ZDF und die Frontal-Redaktion auf Twitter gingen weiter, und auch ein englischsprachiger Blog griff den Manipulationsvorwurf und weitere des Tesla-Fans auf. Und als dessen Autorin in einem anderen Medium einen weiteren Beitrag über die deutsche Gigafactory und das Wasser veröffentlichte und auf Twitter darauf hinwies, reagierte Tesla-Chef Musk verspätet auf die Dokumentation: „Wow, schämt euch, ZDF Info“, forderte er.
Wow, shame on ZDF Info!
— Elon Musk (@elonmusk) March 24, 2021
Wenig später lud die Redaktion Musk per Twitter zu einem Interview ein, in dem er die Chance bekommen solle, zu erklären, „warum die Gigafactory Berlin ökologisch so gut ist“. Angesichts des sehr selektiven Umgang von Tesla und seines CEO mit Medien darf bezweifelt werden, dass es zu dem Gespräch kommt; jedenfalls antwortete Musk zunächst nicht. Auch Tesla-Twitterer schienen wenig Interesse an einem solchen Austausch zu haben und setzten ihre Kritik am ZDF unter der Einladung fort.
Aktualisierung: Nachdem mehrere Medien über die Vorwürfe gegen die Dokumentation berichteten, griff sie am Nachmittag das ebenfalls öffentlich-rechtliche Medium Deutschlandfunk auf. „Wir haben uns nichts ausgedacht, wir haben einen Teil nicht zu Ende zitiert“, sagte die an dem Beitrag beteiligte Frontal-Redakteurin Manka Heise zu dem umstrittenen Twitter-Zitat, und der Rest davon sei für das Thema nicht relevant gewesen. Die Journalistin zeigte sich erfreut darüber, dass Tesla-Chef Musk die Dokumentation zur Kenntnis genommen habe, und erneuerte das Interview-Agebot.