Die Welt der Medien genießt bei Tesla-CEO Elon Musk nach seinen eigenen wiederholten Ausführungen kein großes Ansehen. Für ihn sind Verlage und ihre Angestellten ausschließlich und skrupellos von Gewinnstreben motiviert, das dafür sorgt, dass Tesla bei ihnen schlecht wegkommt, weil das Unternehmen keine Anzeigen schaltet. In letzter Zeit sind solche medienkritischen Äußerungen Musks allerdings seltener geworden, vielleicht weil der Erfolg von Tesla zunehmend offensichtlich und deshalb weniger skeptisch berichtet wird. Und jetzt machte er sogar direkt Werbung für einen Verlag, der in Deutschland nicht unumstritten ist.
Tesla-Chef kam für Preis noch Berlin
Als die US-Zeitschrift Fortune Musk Anfang Dezember für seine Leistungen bei Tesla, SpaceX, Boring und Neuralink zum Unternehmer des Jahres 2020 kürte, fragte sie nach einem Kommentar von ihm dazu. Doch der Mehrfach-CEO lehnte nach ihrem Bericht ab, weil er sich nichts aus Preisen mache. Kurz vorher aber war er persönlich nach Berlin gekommen, um sich dort mit einem Abend zur Mars-Mission von SpaceX den Axel Springer Award des gleichnamigen Großverlages verleihen zu lassen.
Nach etwas multimedialer Mars-Show gab Musk etwa 45 Minuten lang Mathias Döpfner, dem Vorstandvorsitzenden der Axel Springer SE, Auskunft über seine vielen Aktivitäten – und ließ dabei unter anderem fallen, dass Tesla sich die Übernahme eines etablierten Autoherstellers vorstellen könnte, wenn er fragt. Die Show und das Interview wurden live übertragen und sind weiterhin frei auf YouTube abrufbar.
Ein öffentliches Interview, ein privates
Schon die Meldung, dass Musk den Preis persönlich entgegennehmen wolle, war nicht nur wegen des Coronavirus-Umfelds ungewöhnlich, sondern eben auch wegen seiner häufig geäußerten Medien-Abneigung. Aber die Vereinbarung zwischen Springer und dem Tesla-Chef ging offenbar noch weiter: Neben dem öffentlichen Interview gab er Döpfner ein sozusagen privates. Schon damit konnte sich der Chef des Verlages, der hauptsächlich für sein Boulevard-Blatt Bild bekannt ist, privilegiert fühlen. Aber dann machte Musk sogar Werbung für sein Interview mit ihm – obwohl sich der Artikel hinter einer Paywall befindet.
Im Gespräch mit Mathias Döpfner https://t.co/bqa5pIAOnk
— Elon Musk (@elonmusk) December 6, 2020
„Im Gespräch mit Mathias Döpfner“, schrieb der Tesla-Chef vergangene Woche auf Deutsch zu einem Link auf den Artikel darüber bei der Springer-Zeitung Welt. Kenner konnten schon an dem Plus-Logo im Bild dazu erkennen, dass man den wertvollen Beitrag nicht einfach so zu lesen bekommt. Und tatsächlich: Wer auf Musks Link klickt, kann nur die ersten Fragen und Antworten lesen, dann wird der Text immer blasser, bis sich die Aufforderung anschließt, für 9,99 Euro im Monat ein Abo für Welt-plus abzuschließen.
Tesla denkt über Anzeigen nach
Ob seine Twitter-Werbung für ein bezahltes Online-Angebot ebenfalls Teil der Vereinbarung zur Preis-Entgegennahme mit Musk war, ist nicht bekannt. Aber erkennbar schottet sich der Tesla-Chef weniger vor Medien ab als früher. In diesem Juli sagte er sogar, Tesla denke darüber nach, irgendwann doch klassische Angzeigen zu schalten. Diese solle dann auch zur Unterstützung „hochwertiger Medien“ dienen. Und jetzt machte er zwar nicht Werbung in einer Springer-Zeitung, aber zumindest schon einmal umgekehrt für sie.