Als ein TV-Sender in den USA Anfang August von einem 73-jährigen Mann berichtete, der nach eigenen Angaben wegen eines Ausfalls der 12-Volt-Batterie in einem Model Y „gefangen“ war, wurde das mindestens 100-mal auf Twitter geteilt, und für manche Tesla-Kenner war die Sache schnell klar: Er hätte mit dem Handbuch des Elektroautos vertraut sein sollen, in dem steht, dass sich die Vordertüren des Model Y von innen auch mit einem mechanischen Hebel öffnen lassen. Bei den hinteren Türen ist das allerdings umständlicher – und bei manchen Model Y laut Tesla gar nicht möglich.
Tesla-Handbuch verrät nicht alles
Die Möglichkeit zum manuellen Öffnen der Vordertüren im Model Y ist so offensichtlich, dass manche Neulinge sie anfangs anstelle des elektrischen Schalters dafür benutzen: Man kann einen Kunststoff-Hebel vor den Fensterheber-Knöpfen in der Verkleidung nach oben ziehen, sodass die Tür entriegelt wird. Allerdings fährt dann das Fenster anders als bei elektrischer Bedienung nicht leicht herunter, weshalb es Schaden nehmen kann. Tesla rät im Online-Handbuch für das Model Y deshalb dazu, den mechanischen Hebel nur bei Stromausfall zu nutzen.
Mit besserer Intuition oder mehr Handbuch-Wissen hätte sich der 73-Jährige aus Arizona, der dem Sender ABC7 von seinem Tesla als Falle berichtete, also wohl leicht selbst daraus befreien können, statt seine Schwester zu rufen, die es nach 20 Minuten mit nicht näher beschriebenen App-Tricks geschafft haben soll. Das wurde ihm auf X auch viele Male teils spöttisch entgegengehalten. Außerdem führte der Bericht zu mehreren erklärenden Videos, die zeigen sollen, wie man es richtig macht, und die betrafen zum Teil auch die hinteren Türen des Model Y.
No rear emergency door release in my Model Y built in September 2022 in Grünheide. pic.twitter.com/unynoqKg0j
— Raffael (@raffaeru) August 7, 2023
Dort ist die Lage allerdings deutlich komplizierter. Darauf wies zunächst der österreichische X-Nutzer @raffaelru hin: In seinem im September 2022 in der deutschen Gigafactory produzierten Model Y gebe es die beschriebene Möglichkeit zum manuellen Öffnen der hinteren Türen von innen nicht, kommentierte er ein Video, in dem sie demonstriert wird. Demnach befindet sich unter einer Gummimatte in der Türablage eine Klappe mit roter Lasche zum Freigeben und darunter ein Drahtseil mit kleinem Griff, an dem man zum manuellen Entriegeln ziehen muss.
So steht es auch im Online-Handbuch für das Model Y auf Deutsch, Englisch wie Chinesisch (s. die Grafik daraus oben). Anders als das Video auf X enthält es außerdem den Hinweis, dass nicht alle Elektroautos dieses Typs die manuelle Entriegelung haben. Erklärungen dazu, wo dies der Fall ist und wo nicht, gibt Tesla nicht.
könnten bitte alle mit Model Y mal nachschauen und schreiben, ob sie die manuelle Entriegelung hinten haben oder nicht und wann das Auto wo produziert wurde? https://t.co/29Y5iBZfAb
— TeslaMag.de (@teslamag) August 8, 2023
Denkbar wäre, dass europäische Model Y ab einem bestimmten Zeitpunkt oder abhängig von Produktionsland Deutschland oder China mit der Not-Öffnungshilfe ausgestattet sind. Eine informelle Umfrage dazu von teslamag.de auf X ließ aber kein System bei der Verteilung erkennen. Die Teilnehmenden mit dieser Möglichkeit in ihrem Model Y waren in der Mehrzahl. Dabei zeigte sich allerdings eine weitere Differenzierung: Häufig scheint es den Seilzug für die hinteren Türen zu geben, aber er ist viel schwieriger zugänglich, als im Tesla-Handbuch steht.
Correction:
There is a manual release for the rear doors in the MiG Model Y but forget about getting to it by just using your fingers.Especially in case of an emergency. https://t.co/b5RUDw93n5 pic.twitter.com/eCKdKrp7pY
— Raffael (@raffaeru) August 8, 2023
Das stellte im Zuge der X-Diskussion auch @raffaelru fest und korrigierte seine erste Aussage zu dem Thema. In seinem deutschen Model Y befinde sich doch eine manuelle Hintertür-Entriegelung, schrieb er – und zeigte in einem eigenen Video, wie man an sie herankommt: In dem Filz, mit dem die Ablage ausgekleidet ist, kann man eine kleine Aussparung erkennen. Darunter befindet sich wie laut dem Tesla-Handbuch das Drahtseil zum Öffnen der Tür. Aber ganz anders als vom Hersteller beschrieben, braucht man ein flaches Werkzeug, um die Abdeckung darüber zu öffnen. Nur mit der Hand sei es unmöglich, befand @raffaelru.
Schweizer Model Y mit Selbstbau-Lösung
Ob es überhaupt Model Y ganz ohne das Notfall-Seil gibt, ist also nicht klar – möglicherweise haben andere Tesla-Besitzer die unter dem Filz versteckte Klappe nur übersehen. Wer sicher sein will, dass auch Passagiere auf der Rückbank ohne Strom die Tür öffnen können, sollte also in einer ruhigen Minute nachsehen, wie es damit im eigenen Model Y aussieht, und könnte vorsorglich die mit Filz bespannte Abdeckung entfernen. Ein Schweizer Tesla-Besitzer demonstrierte zudem eine interessante Selbstbau-Lösung für sein Model Y aus China: Er verlängerte den versteckten Türdraht mit einem Stoffband, das sich gut sehen und greifen lässt und jetzt in der Türablage auf seinen Einsatz wartet.