Bild: @tobilindh (Model Y auf deutschem Gigafactory-Gelände im Januar)
Lange bevor Tesla die abschließende Genehmigung für seine Elektroauto-Fabrik in Grünheide bei Berlin erhielt, durfte das Unternehmen im Rahmen von Vorab-Erlaubnissen testweise erst 250 und dann noch einmal 2000 Model Y produzieren. Der Verkauf an Endkunden war dabei jeweils ausgeschlossen. Aus Antworten der Landesregierung auf Anfragen eines Bürgers geht allerdings jetzt hervor: Zumindest eine nicht genannte Zahl der frühen Model Y aus der deutschen Gigafactory will Tesla doch an normale Kunden verkaufen. Aktualisierung: Das Brandenburger Landesumweltamt hat keine Bedenken dagegen (s. ganz unten).
Entsorgung für 102 Model Y belegt
Kritiker hatten nach den Vorab-Genehmigungen von Oktober 2021 und Januar 2022 die Befürchtung geäußert, Tesla werde Elektroautos aus den Produktionstests in die Öffentlichkeit bringen. Dem hielten die zuständigen Behörden die Auflage entgegen, dass diese Model Y nicht in den Verkauf gehen dürfen. Daraufhin wurde kritisiert, Tesla werde hunderte Autos verschrotten müssen, aber auch das war nicht richtig, denn die Genehmigungen enthielten keine feste Vorschrift dazu.
Tatsächlich scheint bei vielen der testweise produzierten Model Y bis heute nicht klar zu sein, was auf Dauer mit ihnen geschehen soll. Am Montag berichtete zuerst die Märkische Oderzeitung von Dokumenten, die das Brandenburger Landesamt für Umwelt auf dessen offizielle Anfrage hin einem Bürger zur Verfügung stellte; sie sind auch bei dem Portal FragDenStaat einsehbar. Viele Informationen darin sind geschwärzt, weil Tesla sie laut der Behörde als Geschäftsgeheimnisse ansieht. Entnehmen kann man ihnen aber zum Beispiel, dass erst für 102 der vorab produzierten Model Y Entsorgungsnachweise vorliegen.
Die Angabe, wie viele davon Tesla vor der endgültigen Genehmigung von Anfang März insgesamt produzierte, fiel ebenfalls Schwärzungen zum Opfer. Die Anfang 2022 erlaubten noch einmal 2000 Stück sollen aber „weit unterschritten“ worden sein. Allerdings bezieht sich das Unternehmen mit dieser Aussage offenbar nur auf den Zeitpunkt vor Erteilung der Genehmigung Anfang März. Vor dem offiziellen Start der Serienproduktion folgten dann noch Abnahmen. In diesen etwa zwei Wochen dürften weitere Model Y in Grünheide entstanden sein, und Tesla scheint zu argumentieren, dass dafür die Einschränkungen aus den Vorab-Genehmigungen nicht mehr galten.
Tesla will gelungene Exemplare verkaufen
In einem Schreiben vom 11. Juni listet Tesla auf, aber jeweils mit geschwärzten Zahlen, was mit den vorab produzierten Model Y bislang geschehen ist. Ein Teil sei bereits entsorgt, weitere würden aktuell zu „diversen Testzwecken“ eingesetzt. Insgesamt sei davon auszugehen, dass aufgrund von Qualitätsmängeln weitere Exemplare entsorgt werden müssten, deren Zahl sich auch noch erhöhen könne. Weitere Model Y sollen sich wegen „geringer“ Qualität nur intern nutzen lassen, außerdem gebe es solche mit mittlerer, die „zunächst ebenfalls primär für interne Zwecke verwendet werden“.
Schon das könnte spätere Verkaufsabsichten nicht ausschließen, bei der letzten Gruppe aber schreibt Tesla das explizit: Model Y aus den Anlagenprüfungen mit „guter“ Qualität können laut dem Brief an die Behörde „ohne größere Einschränkungen weiterverwendet werden“ und sollen „an Endverbraucher veräußert werden“. Das sei fachlich und rechtlich nicht nur zulässig, sondern sogar geboten, um im Sinne des Kreislaufwirtschaftsgesetzes eine Entsorgung möglichst zu vermeiden. Wie die zuständigen Behörden auf diese Darstellung reagieren, geht aus den Dokumenten noch nicht hervor. Aber wenn sie der Tesla-Einschätzung folgen, könnten einige hunderte deutsche Model Y aus der Vorproduktion verspätet doch noch in Kundenhand kommen.
Update: Umweltamt unterstützt Tesla-Sicht
Aktualisierung: Laut einem Bericht des RBB darf Tesla dafür geeignete Model Y aus der Test-Produktion tatsächlich verkaufen. Ein Sprecher des Landesumweltamtes schloss sich der Argumentation des Unternehmens an, dass mit der endgültigen Genehmigung die Bedingungen aus den vorigen keine Gültigkeit mehr hätten. Tesla stehe es frei, während der Erprobung der Gigafactory entstandene Karossen aufzubereiten und „bei Vorliegen der Verkehrsfähigkeit dem Verkauf zuzuführen“. Alternativ dürften die Fahrzeuge auch als Ersatzteil-Spender oder Leihfahrzeuge für Kunden dienen.