Wenn es nach Tesla-CEO Elon Musk geht, hätte Rivian Ende dieses Jahres wohl einen Börsenwert von 1 Billion Dollar verdient: Als im August die ersten Meldungen über einen anstehenden Börsengang des Elektroauto-Startups zu einer Bewertung von 80 Milliarden Dollar kamen, erklärte er, wenigstens ein ausgeliefertes Fahrzeug pro Milliarde an der Börse könne man doch wohl verlangen. Inzwischen hat Rivian tatsächlich mit Produktion und Auslieferungen begonnen und will bis Jahresende 1000 Exemplare seines Pickup R1T an Kunden übergeben. Vielleicht auch deshalb gelang dem Unternehmen am Mittwoch ein Rekord-Börsengang, und anschließend legte die Aktie noch weiter zu.
Elektroauto-Startup teurer als Ford oder GM
Die im August gemeldeten 80 Milliarden Dollar wurden es am Ende doch nicht. Aber Rivian brachte 153 Millionen Aktien zu einem Preis von je 78 Dollar bei Anlegern unter, wie vor dem ersten Handelstag mitgeteilt wurde. Schon das bedeutete Einnahmen von rund 12 Milliarden Dollar und eine Marktkapitalisierung um 66,5 Milliarden Dollar – laut einer Übersicht der Agentur Reuters der mit Abstand größte US-Börsengang in diesem Jahr und der fünftgrößte, den es je gab. Der erste Kurs am Mittwoch war sogar noch deutlich höher, und am Ende des Handels kosteten Rivian-Aktien 29 Prozent mehr als zum Ausgabepreis; die Bewertung erreichte knapp 100 Milliarden Dollar.
Damit ist das Elektroauto-Startup bereits mehr wert als die jahrzehntealten Konzerne Ford (der selbst daran beteiligt ist) oder General Motors, die jeweils deutlich unter 100 Milliarden Dollar kosten. Ebenfalls hat Rivian eine höhere Marktkapitalisierung als Lucid, ein weiteres US-Startup, das ausschließlich Elektroautos baut. Vielleicht wegen der am ehesten vergleichbaren Dimension kam am Mittwoch auf Twitter der Spruch auf, Rivian sei wie Tesla, nur ohne die Memes – also ohne die ungewöhnlichen und teils umstrittenen Aktionen wie zuletzt die Abstimmung über den Verkauf von 10 Prozent seiner Anteile, die Elon Musk immer wieder startet.
If Rivian = Tesla without memes, we’ll now be able to know the value of memes as the price delta
— Reilly Brennan (@reillybrennan) November 10, 2021
Ein Wagniskapital-Anleger erklärte dazu, wenn die Formel „Rivian = Tesla ohne Memes“ gelte, könne man mit ihrer Hilfe jetzt ausrechnen, welchen Wert die Musk-Memes für sich genommen haben – der Tesla-Chef selbst hat vor kurzem gesagt, sein auffälliges Twitter-Verhalten sei auch als Marketing gedacht. Der Rivian-CEO RJ Scaringe, der als früherer MIT-Ingenieur 2009 Mainstream Motors gründete und daraus 2011 Rivian machte, steckt wohl ähnlich tief in technischer Materie wie Musk. Trotzdem kann der zurückhaltende und außerhalb der Branche kaum bekannte Familienvater (auf dem Foto oben in der Mitte mit seinen drei Kindern) als so etwas wie ein Gegenentwurf zum Tesla-Chef durchgehen, der den Personenkult um sich durchaus zu genießen und zu fördern scheint. Und anders als Musk liefert er seinen Elektro-Pickup schon aus.
Rivian will 2030 Zehntel von Tesla
Die Pläne von Scaringe sind jedenfalls ähnlich ehrgeizig – und anders als Tesla muss das Unternehmen nicht mehr beweisen, dass Elektroautos wirklich funktionieren, und profitierte von dem Börsen-Umfeld, das der Pionier geschaffen hat. Aus den 1000 ausgelieferten Rivian-Elektroautos in diesem Jahr sollen bis 2030 eine Million werden, sagte der CEO kurz vor dem Börsenstart. Allerdings sind das nur etwa so viele Fahrzeuge, wie Tesla annähernd schon in diesem Jahr schaffen wird – nach den starken Q3-Zahlen und einer China-Fortsetzung im Oktober wird mit an die 900.000 gerechnet. Und bis 2030 will Musk, wohl weiter auch mit Hilfe seiner Memes, schon bei 20 Millionen Auslieferungen sein.