Bild: teslamag.de (Musk bei Fest für deutsche Tesla-Fabrik im Oktober 2021)
Eigentlich kam die Nachricht nicht überraschend, aber nach Einschätzung von Beobachtern war sie trotzdem für einen Teile der Tesla-Kursverluste von gut 8 Prozent auf 873,28 Dollar am Donnerstag verantwortlich: Elon Musk, der ein Übernahme-Angebot für Twitter abgegeben hat, wolle bei Erfolg zumindest für einige Monate den CEO-Posten bei dem Sozialmedium übernehmen, berichtete der Finanzsender CNBC am Morgen unter Berufung auf anonyme Quellen. Es wäre Musks vierter Job dieser Art bei einem weiteren Unternehmen, an dem er zudem erheblich beteiligt ist.
Twitter wird vierter CEO-Job für Musk
Weil er auch sonst eine Neigung zeigt, sich um alles selbst zu kümmern, war durchaus damit zu rechnen, dass er die Twitter-Führung nicht einfach jemand anderem überlassen will. Musk selbst traut sich die Zusatzbelastung offensichtlich finanziell wie persönlich zu oder hält sie für unvermeidlich. Mit dem Twitter-Gründer Jack Dorsey gäbe es einen Verbündeten, der über den Dienst ähnlich zu denken scheint und mit seinen Aktien zudem rund 1 Milliarde Dollar zu der Finanzierung der Übernahme beitragen könnte. Aber der heutige Tesla-, SpaceX- und Boring-Chef scheint die neue Mission für zu wichtig zu halten, um sie zu delegieren.
Wenn es rein nach dem Unternehmenswert ginge, müsste Twitter in Zukunft bei Musk die dritte Geige spielen. Tesla war nach den neuen Verlusten von Donnerstag noch gut 900 Milliarden Dollar wert, SpaceX bei der letzten bekannten Finanzierung im vergangenen Herbst 100 Milliarden Dollar. The Boring Company, von Musk gegründet 2016 zur Lösung von Verkehrsproblemen mittels Tunnel, wurde bei einer Kapitalrunde in diesem April mit 5,7 Milliarden Dollar bewertet. Bei diesen drei Unternehmen ist Musk gleichzeitig CEO. Twitter würde sich mit dem gebotenen Preis von 44 Milliarden Dollar also hinter Tesla und SpaceX und vor Boring einreihen.
https://twitter.com/danahull/status/1518970622633684992
Tatsächlich soll Musk seine Zeit aber jeweils eher zur Hälfte Tesla und SpaceX widmen und Boring sowie weiteren Nebenprojekten wie Neuralink deutlich weniger. Schon als noch nicht bestätigt war, dass er zum vierten Mal CEO werden will, veröffentlichte der bekannte Autor Walter Isaacson auf Twitter ein Beispiel für offenbar selbst erlebtes Musk-Tasking zu später Stunde: Kurz nachdem sich das Twitter-Board Ende April hinter sein Kauf-Angebot gestellt hatte, habe er bei SpaceX in Boca Chica über Raketen-Triebwerke konferiert und anschließend gut eine Stunde lang an Lösungen für Ventil-Probleme gearbeitet — ab 22 Uhr. Beobachter ergänzten außerdem, zusätzlich habe Musk in den vergangenen 24 Stunden eine indonesische Delegation bei Tesla getroffen.
Tesla-Aktie durch Kauf-Zusagen gedrückt
Unterdessen nahmen in dieser Woche wohl auch die Chancen dafür zu, dass Musk das Twitter-Geschäft wirklich vollzieht. Denn laut der Agentur Bloomberg hatten bis Donnerstag 19 Investoren eine Beteiligung an der Transaktion zugesagt, was zusammen 7,1 Milliarden Dollar ausmache – Geld, das Musk nicht mehr mit Verkäufen oder Verpfändungen von Tesla-Aktien selbst aufbringen müsste. Zum Teil soll es aus dem Nahen Osten kommen: Der saudische Prinz Alwalid bin Talal habe zugesagt, mit seinem 35 Millionen Twitter-Aktien im Wert von 1,9 Milliarden Dollar mitzuziehen, und auch die Qatar Holding beteilige sich, berichtet Bloomberg. Außerdem soll der Musk-Freund und Tesla-Investor Larry Ellison mit 1 Milliarde Dollar dabei sein, der Chef der Krypto-Börse Binance und mit Fidelity auch ein klassisches Finanzhaus.
Für Aktionäre, die doch zu viel Ablenkung für Musk als Tesla-Chef nicht nur auf, sondern auch mit Twitter befürchten, ergibt sich dadurch allerdings ein gemischtes Bild: Weniger Kapitalbedarf beim CEO bedeutet weniger Verkaufsdruck auf ihre Aktien, aber eben auch bessere Aussichten für den Vollzug der Übernahme, die zu dem weiteren Chef-Posten für Musk führen würde. Tatsächlich näherte sich der Twitter-Kurs den von ihm gebotenen 54,20 Dollar am Donnerstag so weit wie noch nie. Das ist ein Zeichen dafür, dass an der Börse zunehmend mit dem Gelingen der Transaktion gerechnet wird – und hinter den gleichzeitigen Verlusten bei Tesla könnten die gleiche Botschaft stecken.