US-Elektroautobauer Tesla gehört trotz langer Arbeitszeiten und allgemein sehr hoher Anforderungen der Führungsebene bei aufstrebenden Ingenieuren und jungen Jobsuchenden zu den beliebtesten Arbeitgebern. Warum das so ist, hat das Wall Street Journal in einem ausführlichen Artikel beleuchtet.
Laut der beliebten US-Karriere-App Handshake hat Tesla zwischen 2016 und 2017 mehr Bewerbungen für Jobs und Praktika erhalten als alle anderen gelisteten Firmen. Einer Konzernsprecherin zufolge verdoppelte sich die Zahl der Bewerbungen im vergangenen Jahr auf fast 500.000. „Das Interesse der Jobanwärter nimmt von Jahr zu Jahr zu“, so die Tesla-Personalmanagerin Cindy Nicola.
Wie viele andere Unternehmen im Silicon Valley bietet auch der E-Auto-Pionier Vorteile wie etwa kostenloses Essen. Dass Jobinteressenten und viele der bestehenden 45.000 Angestellten 100-Stunden-Wochen akzeptieren und besser dotierte Stellen ausschlagen, liegt dem Bericht des Wall Street Journal nach aber vor allem an Teslas erklärtem Ziel, den weltweiten Umstieg auf nachhaltige Energie voranzutreiben. Für eine erhöhte Motivation sorgen zudem die zugeteilten Aktionoptionen.
Bei Tesla sei auch besonders, dass man die Früchte seiner Arbeit schon nach wenigen Monaten auf der Straße sehen kann, meinte ein ehemaliger Mitarbeiter. Ein Student, der im Sommer als Praktikant bei der Model-3-Produktion in Fremont mithalf, ergänzte, dass Vorschläge schon mal gleich am nächsten Tag ausprobiert würden. So seien auf seine Anregung hin die Produktionsprozesse innerhalb einer Woche durch eine kurzfristige Änderung optimiert worden, schreibt das Wall Street Journal.
Die Begeisterung legt sich bei vielen auch nach einer Kündigung nicht: Tesla-Chef Elon Musk erklärte im Juni, dass aufgrund einer organisatorischen Umstrukturierung neun Prozent der Belegschaft gehen müssen. Zahlreiche der Betroffenen ließen über Twitter verlauten, wie dankbar sie für die bei Tesla gesammelten Erfahrungen seien.
Hohe Fluktuation
Doch nicht alle kommen mit dem hohen Arbeitspensum und dem unorthodoxen, immer wieder für interne und externe Aufregung sorgenden Führungsstil von Musk zurecht. Über die Jahre sind viele Mitarbeiter zu anderen US-Mobilitäts-Startups wie Waymo oder Lyft sowie Tech-Konzernen wie Apple oder Amazon gewechselt. Seit der Vorstellung des Mittelklasse-Stromers Model 3 im Frühjahr 2016 haben dem Wall Street Journal zufolge über 50 hochrangige Manager Tesla verlassen, darunter der Finanzchef und die Vorstände der Bereiche Vertrieb, Personal und PR.
Musk hält die Fluktuation bei Tesla für normal – und wirbt auch immer wieder Top-Personal der etablierten Wettbewerber ab. In einem Interview mit der US-Website Axios räumte er kürzlich allerdings ein, dass der von Anfangsproblemen geplagte Hochlauf des Model 3 Tesla an seine Grenzen gebracht hat: „Niemand sollte so viele Stunden in Arbeit investieren. Das ist nicht gut“, sagte er. Ihn selbst habe die Belastung „im Gehirn, im Herzen geschmerzt“.