Bild: Tesla (Archiv)
Vieles von dem, was Tesla-Chef Elon Musk bislang angefasst hat, wurde zu Gold oder erreichte zumindest eine Milliarden-Bewertung – nach Tesla und SpaceX vor kurzem auch das Tunnel-Unternehmen Boring. Mit der am Freitag von seiner Seite abgebrochenen Übernahme von Twitter aber hat er bislang eher Wert vernichtet. Der Tesla-Kurs reagierte negativ auf Verkäufe durch Musk im Frühjahr und die Aussicht auf mehr davon, und Twitter ist wieder weit von den gebotenen 54,20 Dollar entfernt. Wenn der CEO aus dem Geschäft noch zu vertretbaren Kosten herauskommt, wie er es offenbar anstrebt, dürfte sich die Tesla-Aktie erholen. Für Twitter aber sehen Beobachter kaum noch ein gutes Ergebnis.
Analyst sieht Fiasko für Twitter wie Tesla
Der Analyst Dan Ives von Wedbush Securities, der sowohl die Tesla- als auch die Twitter-Aktie beobachtet, sparte nach der Absage durch Musks Anwälte nicht mit drastischen Worten. Der Rückzug von dem Angebot sei ein „Desaster“, das „worst-case-Szenario“ und eine „code-red-Situation“, schrieb er ab Freitag. Das bezog er zunächst einmal auf der ehemalige Übernahme-Ziel selbst. Seine Kurs-Prognose für Twitter nahm er von 43 Dollar auf 30 Dollar zurück und sagte für den Wochenstart eher noch weniger voraus.
Denn das Twitter-Board kündigte nach der Musk-Absage zwar an, die verbindlich getroffene Übernahme-Vereinbarung vor Gericht durchzusetzen. Doch das könnte laut Ives auf eine jahrelange Auseinandersetzung hinauslaufen, und zwar eine hässliche. Parallel dazu habe Twitter alte Probleme zu lösen, und zusätzlich habe das Intermezzo mit dem Tesla-Chef die Marke beschädigt, die Strategie in Frage gestellt und eine Vielzahl anderer Themen aufgeworfen. Insgesamt sei die Angelegenheit ein „Fiasko“ für Musk, Twitter sowie Tesla-Aktionäre gewesen.
This is a "code red" situation for Twitter and its Board as now the company will battle Musk in an elongated court battle. Deal is out the window and thus we are lowering our price target from $43 to $30 reflecting Twitter on a standalone basis. We maintain our NEUTRAL rating.
— Dan Ives (@DivesTech) July 9, 2022
Bevor er begann, öffentlich Twitter-Angaben zum Anteil seiner Fake-Nutzer in Zweifel zu ziehen, hatte der Tesla-Chef erklärt, den Dienst zu einem freien Marktplatz der Meinungen zu machen, und zwar im viel größeren Format als heute. Wirtschaftliche Ziele spielten dabei nach seinen Angaben keine Rolle, aber für mögliche Co-Investoren rechnete er nach Berichten trotzdem vor, wie er unter anderem mit kostenpflichtigen Diensten die Einnahmen steigern wollte. Dazu wollte er zusätzlich zu dem bei Tesla, SpaceX und Boring auch bei Twitter den CEO-Job übernehmen.
Musk bekäme beschädigtes Unternehmen
Musk selbst ist bei Twitter so präsent, dass er in der Vergangenheit zweimal Pausen ankündigte und schon nach zwei Tagen wieder da war. Ohne vorherige Ankündigung schrieb er in diesem Juni um seinen Geburtstag herum mehr als eine Woche lang nichts, und ließ dann aus Rom auf Twitter wissen, ihm sei möglicherweise etwas langweilig.
Der Dienst sollte in Musk-Hand also größer und besser werden, jetzt dürfte er stattdessen zwar erst einmal bekannter geworden sein, aber nicht unbedingt positiv. Einige Mitarbeiter sind aus Protest gegen den kommenden neuen Eigentümer bereits gegangen, weitere könnten die nächste Gelegenheit schlicht aus Unsicherheit über die Zukunft nutzen. Verunsicherte Anzeigen-Kunden könnten den Dienst zudem finanziell schwächen. Im für die Twitter-Aktionäre finanziell wohl idealen Fall endet der absehbare Rechtsstreit nach Jahren mit der ursprünglich vereinbarten Zahlung von 44 Milliarden Dollar durch Musk. Der Zustand des Unternehmens, das er dann bekäme, dürfte sich bis dahin aber nicht unbedingt verbessert haben.