Bild: Virgin Galactic
Für viele ist es ein Rennen ins All – ein Rennen der Superreichen. Nachdem Amazon-Gründer Jeff Bezos angekündigt hatte, am 20. Juli mit der „New Shepard“-Kapsel seines Raumfahrt-Unternehmens Blue Origin in den Weltraum zu fliegen, kamen bald Gerüchte und schließlich die Meldung, der britische Milliardär Richard Branson werde ihm zuvorkommen. Der Gründer des Virgin-Konzerns, der unter anderem in der Luftfahrt, im Mediengeschäft, Mobilfunk und Tourismus aktiv ist, hatte 2004 die Weltraumfirma Virgin Galactic gegründet. Mit dem dort entwickelten Raketen-Flugzeug SpaceShipTwo will er nun an diesem Sonntag abheben – neun Tage vor Jeff Bezos.
Virgin-Chef als Astronaut 001
In einem kurzen Video wird Sir Richard Branson, von Königin Elisabeth II. 1999 zum Ritter geschlagen, mit markigen Worten als „Astronaut 001“ vorgestellt. Zusammen mit zwei Piloten und drei weiteren Virgin-Beschäftigten, darunter zwei Frauen, wird er in der VSS Unity Platz nehmen, dem zweiten Raketen-Flugzeug, das sein Unternehmen seit 2016 testet. Davor hatte schon die VSS Enterprise mehrere Testflüge absolviert, stürzte aber im Oktober 2014 ab, wobei einer der beiden Testpiloten starb.
Beim Start hängt die VSS Unity (s. Foto oben) zunächst unter ihrem Trägerflugzeug, einer White Knight Two. Dieses vierstrahlige Düsenflugzeug mit fast 43 Metern Spannweite steigt auf rund 15 Kilometer Höhe. Dann wird die kleinere Unity mit den sechs Passagieren ausgeklinkt und fällt ein Stück Richtung Erde, ehe sie ihr Raketen-Triebwerk für rund eine Minute zündet und auf dreifache Schallgeschwindigkeit (über 3500 km/h) beschleunigt. Das reicht, um eine Gipfelflughöhe von maximal 90 km zu erreichen. Das ist weniger als die 100 km bei der „New Shepard“-Kapsel von Amazon, die klassisch vertikal auf einer Rakete startet. Nach der Definition der Internationalen Aeronautischen Vereinigung FAI beginnt der Weltraum in 100 km Höhe, laut NASA allerdings schon bei 80 Kilometern.
In jedem Fall werden sowohl Richard Branson als auch Jeff Bezos und ihre Mitfliegenden für einige Minuten Schwerelosigkeit erleben und den Blick auf den schwarzen Raum über der blauen Erde genießen können, ehe es nach wenigen Minuten schon zurück zur Erde geht. Bezos wird bei seinem Flug am 20. Juli von seinem Bruder Mark begleitet. Außerdem hat er die 82-jährige Wally Funk eingeladen, die schon vor 60 Jahren für das amerikanische Raumfahrtprogramm trainiert hatte, aber bisher nie ins All kam. Vierter Passagier in der „New Shepard“-Kapsel wird ein solventer Kunde sein, der sich den Sitz bei einer Auktion gesichert hatte- für rund 28 Millionen Dollar. Tagelang hatten die Höchstgebote bei wenigen Millionen gelegen. Doch als klar wurde, dass man neben Jeff Bezos persönlich sitzen würde, gingen sie durch die Decke. Das Geld soll an eine Stiftung von Blue Origin gehen, die künftige Generationen für neue Technologien und Leben im Weltraum begeistern will.
Beide Flüge, der von Branson am 11. Juli und der von Bezos am 20. Juli, sollen den Auftakt für erschwinglichen Weltraum-Tourismus markieren. Spätestens ab dem nächsten Jahr soll sich jeder Interessierte für wenige hunderttausend Dollar im Raketen-Flugzeug von Virgin Galactic oder der Kapsel von Blue Origin einige Minuten Weltraum-Erlebnis kaufen können.
Flüge mit SpaceX viel teurer und höher
Sehr viel mehr Kosmos – für sehr viel mehr Geld – wird man allerdings bei Elon Musk und seiner Raumfahrt-Firma SpaceX erleben können. Für einen zweistelligen Millionen-Betrag bekommt man einen Sitz in der Raumkapsel Dragon, mit der schon mehrfach NASA-Astronauten für Monate zur Internationalen Raumstation ISS geflogen sind. Im September werden nun erstmals vier Privatpersonen, ohne professionelle Astronauten, in der Dragon für mehrere Tage in eine Umlaufbahn fliegen. Geleitet wird die Mission von dem Unternehmer Jared Isaacman, der die anderen Sitze an eine Krankenschwester, eine Wissenschaftlerin und einen Ingenieur verschenkt. Auf Twitter teilte die Crew an den vergangenen Tagen etliche Eindrücke von ihrem Training. Ihr Weltraum-Flug mit SpaceX, also der dritte private von drei Unternehmen innerhalb weniger Wochen, soll am 15. September starten.