Vergangene Woche wurde der erste Zwischenfall bei der Produktion von Model Y in der deutschen Gigafactory von Tesla in Grünheide bei Berlin gemeldet, und zunächst hörte er sich nach einer Kleinigkeit an. In der Lackiererei sei eine wohl wassergefährdende Flüssigkeit aus einem Behälter ausgetreten, aber nicht ins Freie gelangt, hieß es laut Berichten vom Brandenburger Landesumweltamt. Dieser Darstellung widersprach dann allerdings im Detail eine andere Behörde – und Kritiker der Fabrik argwöhnen, dass sich der Vorfall früher abgespielt hat und gravierender war.
Bindemittel auf deutschem Tesla-Gelände
Nach den Angaben des Landesumweltamts von Ende vergangener Woche ereignete sich der Vorfall am Abend des 11. April, berichtete der Tagesspiegel. Durch ein nicht geschlossenes Ventil sei beim Befüllen die Flüssigkeit ausgetreten, dann aber vollständig in einen Auffangbehälter im Inneren geflossen. Eine Entsorgungsfirma habe sie abgepumpt und eine kleinere Menge mit Bindemitteln aufgenommen. Am 12. April habe Tesla den Zwischenfall mündlich und zwei Tage später schriftlich gemeldet. Um einen Störfall im rechtlichen Sinn handele es sich dabei nicht, sondern nur um eine Betriebsstörung.
Später veröffentlichte allerdings der Landesverband Brandenburg der Partei ÖDP Informationen, die der behördlichen Darstellung widersprechen. Nach seinen Angaben gelangte die Flüssigkeit „nachweislich“ durch das Tor der Lackiererei auf die Werksstraße. Das würden Fotos belegen, die der Partei zugespielt wurden. Eines davon (s. oben) zeigt eine größere Menge Bindemittel, das auf der Straße um die Gigafactory verteilt ist, sowie Feuerwehrautos und -leute. Möglicherweise sei ein Teil der Flüssigkeit auch über die Straße in einen offenen Graben geflossen und dort versickert, schrieb die ÖDP. Zudem hätten Zeugen kurz vorher in der Nähe eine Explosion gehört, die in Zusammenhang mit dem Vorfall stehen könne.
An diesem Dienstag bestätigte die Verwaltung des Kreises Oder-Spree dem öffentlich-rechtlichen Sender RBB, dass tatsächlich ein Teil der Lackiererei-Flüssigkeit ins Freie gelangt war. Das sei nach dem Abpumpen am Tag danach passiert: Als die Spezialfirma ihre Schläuche einrollte, sollen „einige Liter“ daraus vor der Fabrik ausgelaufen seien, erklärte der Baudezernent. Laut dem Bericht wurde das vom Landesumweltamt bestätigt, und es wollte prüfen, wie es zu den unterschiedlichen Aussagen kam. Von Tesla werde ebenfalls ein Bericht angefordert.
Fleck vor Gigafactory schon 1 Tag früher
Jedoch scheint es noch einen weiteren Widerspruch zu geben. Neben dem zugespielten Foto veröffentlichte die ÖDP ein Standbild aus einem Drohnen-Video eines der lokalen Beobachter der deutschen Gigafactory. Auf einem sonst weitgehend trockenen Gelände ist am nördlichen Ende des langen Hauptgebäudes ein Fleck auf der Werksstraße zu sehen, der ungefähr so groß ist wie der mit Bindemittel bedeckte Bereich in dem Boden-Foto. In diesem Bereich befindet sich auch die Tesla-Lackiererei. Das Video könnte also dieselbe Stelle zeigen. Es wurde aber schon am 10. April veröffentlicht, also einen Tag, bevor sich der Zwischenfall in der Tesla-Fabrik nach Angaben des Landes ereignete. Zudem war das ein Sonntag, an dem in der Gigafactory bislang nicht regulär gearbeitet wird.
Aktualisierung: Die Landesregierung ist der Vermutung der ÖDP entgegengetreten, dass das Drohnen-Video den Austritt einer Flüssigkeit aus der Fabrik am Sonntag belegt. Tesla führe den darin zu sehenden Fleck auf auf einen täglichen Test mit einer Löschwasser-Pumpe zurück, sagte laut einem Bericht der FAZ ein Sprecher des Landesumweltamtes. Eine Überprüfung weiterer Videos seit mindestens Anfang März habe diese Angabe des Unternehmens bestätigt.