Viele Anleger hatten sich von der Telefon-Konferenz zu den Q4-Geschäftszahlen von Tesla Ende Januar neue Impulse für den zuletzt unter die Räder gekommenen Aktienkurs erhofft, doch stattdessen ging es erst einmal beschleunigt bergab. Denn CEO Elon Musk lieferte zwar das angekündigte Produkt-Update, aber das bestand nur in weiteren Verschiebungen und der vorläufigen Absage für ein Elektroauto für 25.000 Dollar. Zudem ging er auf die Frage eines bekannten Analysten nach der konkreten Volumen-Planung für die nächsten Jahre nicht ein und schwärmte stattdessen vom Margen-Potenzial der FSD-Software. Trotzdem hat dieser Skeptiker hat jetzt sein Tesla-Kursziel drastisch erhöht.
Tesla-Einschätzung stark verbessert
Toni Sacconaghi von der Investmentbank Alliance Bernstein und der Tesla-Chef kennen einander schon länger: 2018 überging Musk dessen kritische Frage in einer anderen Telefon-Konferenz und bezeichnete sie als langweilig und dämlich. In diesem Jahr war er höflicher, aber auch nicht auskunftsfreudiger: Die Frage zeige, dass der Analyst die Bedeutung von FSD wohl nicht richtig verstanden habe, antwortete der CEO auf die Bitte, konkret zu erläutern, wie Tesla 2024 mehr als 3 Millionen Elektroautos verkaufen wolle.
Anschließend geriet der Tesla-Kurs ins Rutschen. Laut dem Fondsmanager Gary Black wurde die Frage von Sacconaghi unter institutionellen Anlegern als die wichtigste der Konferenz angesehen. Mit seinen anhaltenden Tesla-Verkaufsempfehlungen habe der Bernstein-Analyst zwar chronisch daneben gelegen, aber trotzdem werde er an der Wall Street sehr ernst genommen. Denn er sei bekannt für seine detaillierten Modelle und Analysen.
Bernstein analyst Toni Sacconaghi raised his $TSLA PT to $450 from $300 today. Toni’s PT based on three valuation methods: 1/ 2050 DCF (principal); 2/PEG comps; and 3/2027 P/E scenario. While improved, Toni’s model still suffers from wholly unrealistic terminal P/E assumptions. pic.twitter.com/qayvyye9hC
— Gary Black (@garyblack00) February 28, 2022
Und tatsächlich dürfte die neue Einschätzung zu dem Sprung um 7,5 Prozent auf 870,43 Dollar in einem sonst mäßigen Umfeld beigetragen haben, den die Tesla-Aktie am Montag erlebte. Sacconaghi blieb zwar bei seiner Einschätzung „underperform“, die einer Verkaufsempfehlung gleichkommt. Dabei erhöhte er aber sein Kursziel um 50 Prozent auf 450 Dollar. Auch das liegt noch weit unter dem aktuellen Niveau sowie unter dem Prognose-Durchschnitt der anderen Analysten, von denen Tesla inzwischen viele Kurse deutlich über 1000 Dollar zutrauen. Aber es zeigt auch, dass sich die Einschätzung des kritischen Bernstein-Beobachter deutlich verbessert hat.
Skepsis mit Blick auf FSD-Gewinne bleibt
Im Vergleich mit anderen Technologie-Unternehmen sehe die aktuelle Bewertung von Tesla sogar vernünftig aus, schreibt er laut den Auszügen aus seiner Studie. Allerdings seien die Kurse für diesen gesamten Sektor erstens historisch gesehen weiterhin hoch, und zweitens habe die Vergleichsgruppe meist höhere Margen als Tesla und ihr Geschäft sei weniger zyklisch als das mit Autos. Entscheidend für die zukünftige Bewertung wird laut Sacconaghi sein, ob Tesla auf Dauer eine Marge von um 30 Prozent halten kann. Explizit schreibt der Analyst jedoch, er gehe (anders als Musk) nicht davon aus, dass sich mit der FSD-Software in Zukunft riesige Gewinne erzielen ließen. Denn Funktionen für automatisiertes Fahren würden früher oder später wohl von jedem Autohersteller angeboten werden.