Tesla-CEO Elon Musk hat sich bei der Telefon-Konferenz nach der Veröffentlichung der Q4-Geschäftszahlen am Mittwochabend erneut zuversichtlich gezeigt, vor Ende dieses Jahres entscheidende Fortschritte zum autonomen Fahren zu schaffen. Er und sein Finanzvorstand Zachary Kirkhorn lenkten zudem mehrfach den Blick auf das nach ihrer Darstellung hohe Gewinn-Potenzial der Autopilot-Technologie dafür. Nicht um große Worte verlegen, stellte Musk eine beispiellose Zunahme des Wertes von Tesla-Elektroautos in Aussicht, wenn sie mittels Software selbstfahrend werden.
60.000 Fahrzeuge im Tesla-Betatest
In unterschiedlichen Formulierungen und fast immer mit einem Rest Vorsicht spricht Musk schon seit 2015 davon, mit Tesla in naher Zukunft autonomes Fahren realisieren zu wollen und zu können. Verkauft wird eine Funktion mit dem Namen Full Self-Driving Capability (FSD) schon fast genau so lang, bietet aber bislang nur wenige Funktionen über die des kostenlosen Basis-Autopilot hinaus. In den USA läuft seit Oktober 2020 ein Beta-Test mit einer Software, die ebenfalls als FSD bezeichnet wird und dem Autonomie-Versprechen immer näher kommen soll. Nach neuen Tesla-Angaben im Quartalsbericht nehmen inzwischen knapp 60.000 Fahrzeuge daran teil (das Foto oben zeigt die Schaltfläche, über die man sich dafür bewerben kann).
Teilnehmer an dem Beta-Programm wüssten, dass die Zahl der nötigen Interventionen pro Meile sich schnell auf einen sehr niedrigen Wert zubewege, sagte CEO Musk dazu. Zudem seien für die kommenden Monate mehrere grundlegende Verbesserungen der FSD-Software geplant. Aus diesem Grund wäre er „schockiert, wenn wir in diesem Jahr nicht Full Self-Driving mit höherer Sicherheit als ein Mensch erreichen“, erklärte der Tesla-Chef. Der im vergangenen August vorgestellte Supercomputer Dojo speziell für das Trainieren neuronaler Netze werde dafür nicht unbedingt gebraucht, sondern eher erst später, um FSD immer näher an Perfektion zu bringen.
Die neue Aussage zu FSD bis Jahresende deckt sich annähernd mit Musks Antwort auf die Frage in einem Interview Ende 2021, wann der Tesla-Autopilot Autonomie der Stufe 4 beherrschen werde, was als Fahren ohne menschlichen Aufpasser in bestimmten Gebieten definiert ist: 2022 sei ziemlich wahrscheinlich, sagte er dazu. Das jetzt erwähnte „FSD mit höherer Sicherheit als ein Mensch“ soll zudem nur ein erstes Zwischenziel sein: Menschen würden einen niedrigen Standard setzen, eigentlich wolle Tesla 1000 Prozent oder 10.000 Prozent besser sein, sagte Musk.
Und wenn es so weit ist, wird nach seinen Worten etwas Großes passieren. Es könne dadurch zum „größten Zuwachs beim Wert jeglicher Anlageklasse in der Geschichte“ kommen, sagte er. Gemeint war damit nicht die Tesla-Aktie (jedenfalls nicht direkt), sondern Elektroautos des Unternehmens, die mit der FSD-Option ausgestattet sind. Denn wenn die autonom fahren, so erklärte Musk nicht zum ersten Mal, können sie plötzlich als Roboter-Taxis Geld verdienen, statt meistens nur ungenutzt herumzustehen. Das werde nicht einfach eine neue Funktion sein, sondern vielleicht das bedeutendste Software-Upgrade der Geschichte. Der Nutzen von Millionen Autos werde sich über Nacht vervier- oder verfünffachen. Der finanzielle Wert davon lasse sich kaum beziffern, sagte der Tesla-Chef.
Musk: FSD lässt alles verblassen
Nüchterner als Musk erwähnte auch Finanzchef Kirkhorn, dass Software-Gewinne auf längere Sicht einen bedeutenden Beitrag bei Tesla leisten würden. Die Fortschritte in Richtung Autonomie versprächen erhebliches Margen-Potenzial durch Software. Im Vergleich zum Wert von Robotaxis oder Full Self-Driving verblasse alles andere, ergriff dann wieder der CEO das Wort. Und jedenfalls gegenüber einem Analysten bestand er auf dieser Haltung: Wie Tesla denn 2024 mehr als 3 Millionen Elektroautos verkaufen wolle, wenn es bis dahin kein Modell für 25.000 Dollar und nur 250.000 Cybertrucks pro Jahr gibt, wollte ein als skeptisch bekannter Beobachter wissen. Allein die Frage zeige, dass er die Bedeutung von FSD nicht verstanden habe, sagte Musk dazu nur und erklärte noch einmal, wie wertvoll für Kunden allein diese Software-Option sei.