Dass die geplante Übernahme von Twitter durch Tesla-CEO Elon Musk nicht reibungslos verlaufen würde, hatte sich schon seit einiger Zeit abgezeichnet. Nachdem er zunächst bemerkenswert schnell ein verbindliches Angebot einschließlich Milliarden-Finanzierungen durch Banken vorgelegt und das Twitter-Board es unterstützt hatte, begann Musk, die offiziell gemeldeten Nutzer-Zahlen des Dienstes in Frage zu stellen, und verlangte mehr Daten. Die bekam er, aber wie er jetzt seine Anwälte schreiben ließ, nicht im nötigen Umfang. Also mache er von seinem Recht Gebrauch, die Übernahme-Vereinbarung zu kündigen.
Twitter kündigt Gang vor Gericht an
Dieses offizielle Schreiben der Musk-Firma X Holdings I an das Twitter-Board wurde am Freitag nach Börsenschluss bekannt. Es sorgte dafür, dass die Aktie von Tesla nach einem Tag im Plus weiter zulegte. Denn zuvor hatten die Übernahme-Pläne sie stark belastet – zum einen, weil Musk zur Finanzierung eigene Tesla-Anteile verkaufte, zum anderen, weil befürchtet wird, er könne sich als Eigentümer von Twitter noch stärker von dem Dienst ablenken lassen als ohnehin schon.
Allerdings ist durchaus umstritten, ob Musk rechtlich die Möglichkeit hat, sein verbindliches Angebot zurückzuziehen. In dem Schreiben von Freitag wird das mit Verstößen des Twitter-Managements gegen die Vereinbarung dazu begründet. Verlangte Daten seien nicht oder nur teilweise geliefert worden. Der Vorsitzende des Boards machte aber noch am Freitag deutlich, dass es eine andere Meinung hat: Man werde die Vereinbarung vor Gericht durchsetzen und sei zuversichtlich, damit Erfolg zu haben, schrieb er.
The Twitter Board is committed to closing the transaction on the price and terms agreed upon with Mr. Musk and plans to pursue legal action to enforce the merger agreement. We are confident we will prevail in the Delaware Court of Chancery.
— Bret Taylor (@btaylor) July 8, 2022
Damit scheinen die Verhandlungen zwischen der Musk- und der Twitter-Seite über eine mögliche Einigung nach der Einigung erst einmal beendet und dürften in einen Streit vor Gericht übergehen. Tatsächlich wurden die Beschäftigten bei dem jetzt ungewollten Übernahme-Ziel laut der Nachrichten-Agentur Bloomberg noch am Freitag aufgefordert, sich auf Twitter oder Slack nicht über die Angelegenheit zu äußern, weil es sich dabei jetzt um einen offenen Rechtsstreit handle.
Tesla-Chef sammelte schon Milliarden
Der Tesla-Chef selbst gab zunächst ebenfalls keinen Kommentar zu seinem Rückzug ab. Das dürfte sich aber noch im Lauf des Samstags ändern, denn er wurde als Interview-Gast auf einer hochkarätigen Anleger-Konferenz in der Resort-Stadt Sun Valley erwartet. Dort dürfte Musk nicht nur Gelegenheit bekommen, seine Twitter-Entscheidung zu erläutern – und vielleicht sogar öffentlich ein niedrigeres Angebot zu machen, zu dem er wieder zum Kauf bereit wäre. Und wenn er klar macht, auf keinen Fall mehr daran interessiert zu sein, dürften viele der Anwesenden Vorschläge haben, wie er die dafür gesammelten Milliarden Dollar aus Tesla-Verkäufen anders unterbringen könnte.