Für diesen Sommer-Urlaub hatten wir uns ein kleines Elektroauto-Abenteuer überlegt: Mit dem Tesla nach Italien und dort herumfahren kann wohl jeder, so lange er sich an das Supercharger-Netz hält, wir aber nahmen uns vor, mit unserem Model Y ganz ohne die gewohnte Infrastruktur auszukommen. In der Variante Long Range mit 19-Zoll-Felgen verspricht es eine geschätzte Reichweite von 565 Kilometern. Mehr als 420 Kilometer sind wir mit einer Ladung bei dieser Reise allerdings nie gefahren, auch weil wir uns nicht auf weniger als 5 Prozent Akku-Rest trauten. Später zeigte sich, dass diese Vorsicht durchaus angemessen war.
Tesla-Reise mit freiwilliger Ladeeinschränkung
In der Vorbereitung war klar: Wir nutzen die neue Bonnet-App, um noch mehr zu sparen, als es mit anderen Tarifen im Vergleich zu Superchargern möglich ist. Vor der Reise kostete die Kilowattstunde bei Bonnet nur knapp 30 Cent, deutlich unter den Italien-Preisen von Tesla, die von 49 bis 54 Cent reichten. Aus diesem Grund beschränkten sich die Lademöglichkeiten auf Ionity, Fastned und Allego. Das galt zumindest für die Teilstücke in Deutschland und Österreich: In Italien selbst war sogar nur Ionity zum schnellen Laden über Bonnet nutzbar.
Mit der App „A Better Routeplanner“ legten wir unsere finale Route zum ersten Campingplatz „Union Lido“ fest. Das bedeutete ein paar Mal bei Ionity laden und, nach eigener Festlegung, mit 60 Prozent vor Ort ankommen. Das klingt viel, stellte sich aber als notwendig heraus. Grundsätzlich hätte man auf dem 5-Sterne-Campingplatz laden können – aber für 60 Cent pro Kilowattstunde. Zu teuer, wenn man bei Ionity mit 30 Cent unterwegs sein kann.
Wer allein Bonnet nutzt, muss in Italien allerdings wirklich gut planen. Mit Mobility+ von EnBW geht es deutlich einfacher, war aber zum Zeitpunkt der Reise im August viel teurer als über Bonnet. In Verona (wegen Julia und Romeo und so) zum Beispiel findet man mit Bonnet keine einzige Lademöglichkeit, mit EnBW mehr als 20. Auf dem Land, etwa in Lamporrechio (Toskana), sieht es noch viel düsterer aus: Ganze zwei öffentliche 11-kW-Ladesäulen gab es dort. Mit EnBW wohlgemerkt, Bonnet hingegen bot auch dort keine Lademöglichkeit an.
Unsere Erfahrung war, dass man in Italien immer ausreichend Rest-Kapazität vorhalten sollte, um als Tourist vor Ort mobil bleiben zu können – und notfalls einen Supercharger aufsuchen zu können. Ähnlich wie in Deutschland glänzte das Tesla-Netz mit reichlich Standorten. Wir nutzten es als Rückfall-Ebene, falls Bonnet oder EnBW nicht funktionierte. Das passierte uns tatsächlich mehrfach. In Florenz zum Beispiel funktionierte nur eine der vier in der App von EnBW angezeigten 350-kW-Ladesäulen von Ewiva, und vor der warteten schon drei andere Elektroautos. Daher blieb nur der Weg zum Supercharger am Novotel-Hotel in Florenz.
Supercharger-Netz als Rückfall-Ebene
Auch hier war die Auslastung allerdings hoch. Tesla setzte eine Mitarbeiterin vor Ort ein, um die anfahrenden Elektroautos zu koordinieren – eine solche Aktion mit Supercharger-Sheriffs hat es auch in Deutschland schon gegeben. Wir hatten Glück und mussten nicht warten, andere Fahrzeuge bis zu sieben Minuten, wie wir beim Laden stoppten. Dank der Supercharger waren weitere Ausflüge in der Toskana rund um Florenz letztlich problemlos möglich. Mit insgesamt drei Stopps blieb immer genügend Kapazität, um am Ziel-Ort einkaufen und die nächsten Ausflüge mit ausreichend Reichweite anzugehen.
Nach den gesammelten Erfahrungen ist die öffentliche Ladeinfrastruktur in Italien, speziell in der Toskana, nicht so gut ausgebaut wie in Deutschland. Nur wenige Ladesäulen waren verfügbar und manche davon kaputt. Nur dank des Supercharger-Netzwerkes konnten wir zumindest mit unserem Model Y sicher sein, ausreichend Strom zu bekommen – in Italien hat die Öffnung für fremde Elektroautos noch nicht begonnen. Den Vorsatz, sparsam nur über Bonnet laden, mussten wir schnell aufgeben, denn in ganz Italien bietet der Dienst nur 22 schnelle Lademöglichkeiten. Abschließende Statistik: Insgesamt waren wir nach den Tesla-Anzeigen 3069 Kilometer unterwegs und hatten einen Durchschnittsverbrauch von knapp 17,7 kWh auf 100 Kilometer oder insgesamt 542 kWh.