Bei Tesla war sich offenbar niemand einer Schuld bewusst: Schon am letzten Januar-Wochenende lagen vor der deutschen Gigafactory in Grünheide bei Berlin Dutzende Betonpfähle, und eine riesige Maschine stand bereit, und eine Woche später konnte man sehen, dass wohl fast alle davon in den Boden gerammt worden waren (s. Foto). Beides war in Drohnen-Videos des lokalen Beobachters Tobias Lindh zu erkennen, der sich zunächst keinen rechten Reim darauf machen konnte. Inzwischen aber ist klar: Tesla wollte auf dem Parkplatz südlich des Gigafactory-Hauptgebäudes einen großen Carport mit Photovoltaik bauen – und zwar ohne Genehmigung, worüber sich Brandenburger Behörden und Politiker erbost zeigen.
Dutzende Pfähle vor deutscher Tesla-Fabrik
Als Lindh am vergangenen Wochenende erneut die deutsche Tesla-Fabrik überflog, steckten schon an die 100 der Pfähle im Boden, die eine Woche zuvor noch dort gelegen hatten. Möglicherweise werde dort ein Dach installiert, vermutete der Beobachter, nachdem er sich vorher selbst ratlos gezeigt hatte. Am Montag war die fahrbare Maschine mit Hydraulik-Hammer auf dem Parkplatz erneut in Betrieb, berichtete dann die Märkische Oderzeitung (MOZ). Das Rammen sei bis in den benachbarten Ortsteil Hangelsberg zu hören gewesen. Und wie der Landkreis Oder-Spree der Zeitung mitteilte, wurden diese Tesla-Arbeiten kurz darauf unterbunden.
Vom Bauordnungsamt des Kreises liege keine Genehmigung für die Arbeiten vor, erklärte laut dem MOZ-Bericht ein Sprecher. Zwischenzeitlich seien sie auf Betreiben des Kreises eingestellt worden – möglicherweise wurden die Behörden also erst durch die Anfrage der Zeitung darauf aufmerksam. Der Kreis gehe davon aus, dass das Vorhaben genehmigungspflichtig sei, erklärte der Sprecher weiter. Man habe Tesla zur Stellungnahme aufgefordert und werde über das weitere Vorgehen entscheiden, wenn alle notwendigen Informationen vorliegen. Von einer akuten Grundwasser-Gefährdung gehe man aufgrund der geringen Eindringtiefe der Pfähle nicht aus.
Auf MOZ-Nachfrage widersprach die Bürgerinitiative Grünheide dieser Einschätzung und wiederholte ihre Kritik daran, die Tesla-Ansiedlung in dem teilweisen Wasserschutz-Gebiet überhaupt zugelassen zu haben. Der lokale Wasserverband, dem vor kurzem die direkte Aufsicht über die Gigafactory entzogen wurde, zeigte sich ebenfalls skeptisch. Am Mittwoch aber wurde Tesla wegen des ungenehmigten Rammens auch von Seiten kritisiert, von denen man das bislang weniger gewohnt ist.
Minister zieht Gigafactory-Aufsicht an sich
So sagte Sascha Gehm, der Baudezernent von Oder-Spree, dem Tagesspiegel, als Landkreis sei man enttäuscht von Tesla. Das Vorgehen bezeichnete er als „unverständlich und ziemlich amateurhaft“, und er könne verstehen, wenn Bürger sich fragen, ob man Tesla trauen könne. Eine Antwort auf die Anfrage zum genauem Hintergrund zu den Pfahl-Arbeiten stand am Mittwoch noch aus, aber Gehm bestätigte, dass sie als Vorbereitung für einen Solar-Carport auf dem Fabrik-Parkplatz gedacht waren. Der Landkreis prüfe, ob es sich dabei um einen Schwarzbau handele. Möglich sei ein Bußgeld – und wenn eine nachträgliche Genehmigung nicht erteilbar sei, auch eine Rückbau-Verfügung.
Laut dem Tagesspiegel-Bericht schlägt der Vorgang selbst in Brandenburgs Politik hohe Wellen. „Es ist ganz klar, so geht es nicht“, wird Brandenburgs Umweltminister Axel Vogel an die Adresse von Tesla gerichtet zitiert. Im Landtag habe der Minister angekündigt, den möglichen Schwarzbau in Grünheide zum Anlass zu nehmen, die Gigafactory-Überwachung als Sonderaufsicht auf die Ebene des Ministeriums zu holen. Alle Beteiligten einschließlich des Wasser-Verbandes sollen kurzfristig an einen Tisch geholt werden, um in einer „ernsthaften Auseinandersetzung“ zu klären, wie es zu der jetzigen Situation kommen konnte.