Bild: Mercedes
Die eine Seite bei der Berechnung der Reichweiten von Elektroautos ist schlicht die Größe der Batterie: Je mehr Akku-Kapazität, desto weiter kommt man unter sonst gleichen Bedingungen – und nachdem Tesla seit den knapp 100 Kilowattstunden in Model S und Model X ab 2017 nichts mehr draufgelegt hat, kommen neue Premium-Elektroautos wie Lucid Air und Mercedes EQS inzwischen mit größeren Akkus. Die interessantere Seite aber ist die Effizienz – je niedriger der Verbrauch, desto weiter fährt man mit jeder Kapazität. Diesem Aspekt hat sich Mercedes mit einem seriennahen Prototypen namens Vision EQXX intensiv zugewandt – und will so mit 100 Kilowattstunden mehr als 1000 Kilometer weit kommen.
Mercedes-Elektroauto mit 95% Effizienz
Nach mehreren Vorankündigungen wurde der Mercedes Vision EQXX an diesem Montag detaillierter vorgestellt. Das Ziel von mindestens 1000 Kilometern Reichweite mit einer Akku-Ladung hatte das Unternehmen schon vorher genannt und will es mit dem präsentierten Prototypen tatsächlich erreicht haben. Dabei hilft ein Akku aus Zellen von CATL mit Silizium-Anoden, der nach den Angaben 50 Prozent kleiner und 30 Prozent leichter ist als frühere mit vergleichbarer Kapazität. Außerdem hat Mercedes seinen eigenen Rekord beim cw-Wert, aufgestellt mit 0,20 beim EQS, noch einmal auf 0,17 gedrückt.
Der gesamte E-Antrieb mit einem in Stuttgart entwickelten Motor soll eine Effizienz von beispiellos hohen 95 Prozent erreichen. Zum Vergleich nennt Mercedes 30 Prozent bei effizienten Verbrenner-Autos, 50 Prozent bei einem Langstreckenläufer und in einem Video 75 Prozent bei aktuellen anderen Elektroautos. Im Frühjahr will das Unternehmen mit einem straßenzugelassenen EQXX beweisen, dass die genannten 1000 Kilometer Reichweite unter Realbedingungen tatsächlich möglich sind, kündigte Mercedes-Entwicklungsvorstand Markus Schäfer an. Diese Effizienz entspreche der eines 1-Liter-Autos, erklärte er.
Ein solches Fahrzeug mit konventionellem Antrieb hat Volkswagen von 2012-2014 in einer Mini-Serie gebaut – weiter reichende Pläne mit dem XL1, der 1,4 Liter Diesel pro 100 Kilometer benötigte, wurden aber aufgegeben. Auch bei dem elektrischen Konzept von Mercedes ist jetzt klar zu erkennen, dass aerodynamische Optimierung eine wichtige Rolle gespielt hat. Bei der Nase des EQXX ist das optisch recht gut gelungen – sie ist windschlüpfrig wie bei Tesla, erinnert aber ansonsten an den Porsche Taycan. Geschwungen und fließend geht es weiter bis zum niedrigen Heck, das aber, auch weil es schmaler ist als die Front, ein wenig an einen Bürzel erinnert. Auf den offiziellen Presse-Fotos zur Vorstellung des Vision EQXX vermeidet Mercedes denn auch den direkten Blick darauf.
Ausblick auf elektrische C-Klasse 2024
Das supereffiziente Elektroauto ist ein Prototyp, der nach Angaben von Entwicklungsvorstand Schäfer bereits fahrfähig ist. Exakt wie gezeigt wird es wohl nicht produziert werden. Doch laut dem Vorstand ist es in Gestaltung und Format sehr nah an einem Serienmodell, das 2024 vorgestellt werden und eines der effizientesten Elektroautos sein soll, die es gibt, berichtete Autocar von der Vorstellung am Montag. Auch soll der Mercedes-Designchef bestätigt haben, dass der EQXX mindestens ein Segment unterhalb des im Herbst 2021 vorgestellten EQE antreten wird. Insofern dürfte er mit der C-Klasse und somit mit dem Tesla Model 3 vergleichbar sein, das es in überarbeiteter Form vermutlich auch 2024 noch geben wird.