Der lang erwartete Einstieg deutscher Automarken in das Geschäft mit Elektroautos wird für Tesla nicht etwa eine Belastung bringen, sondern eine Stärkung. Diese interessante – und für die deutsche Industrie sicher etwas ketzerische – These vertritt in einer aktuellen Studie Alexander Haissl von der Berenberg Bank, wie das Magazin Forbes online berichtet. Seine Begründung: Mit dem Marktstart der Konkurrenten werde für Kunden klarer, welche Vorteile Tesla hinsichtlich Technologie wie Preisen zu bieten hat.
„Die Kunden werden letztlich die Führung von Tesla bei Technologie und Preis – mehr Wert für das Geld – erkennen, denn der Vorteil von Tesla gegenüber der Konkurrenz ist zu beträchtlich, um ignoriert zu werden“, wird Haissl von Forbes zitiert. Gleichzeitig werde klar werden, dass es auch bei den Marktstarts von traditionellen Herstellern zu Problemen und Verzögerungen kommen könne. Als Beispiele nennt Haissl die aktuellen Rückrufe bei Audi e-tron (wegen Brandgefahr durch eindringende Feuchtigkeit) und Jaguar i-Pace (wegen Problemen bei der Rekuperation).
Mit seinen Äußerungen bezieht sich Haissl, der als Analyst im Londoner Büro der deutschen Berenberg Bank arbeitet und seit langem eine sehr positive Einschätzung zu Tesla und den Aktien vertritt, laut Forbes „hauptsächlich auf deutsche Hersteller, aber auch auf Jaguar Land Rover“. Der Markt unterschätze den Technologie- und Kostenvorsprung von Tesla gegenüber diesen Anbietern, der letztlich zu überlegenen Renditen und anhaltenden Marktanteilsgewinnen führen werde.
Für Haissl waren die enttäuschenden Verkaufszahlen von Tesla im ersten Quartal 2019, die zu einem beschleunigten Kursverfall der Aktie geführt hatten, nicht die Folge von Nachfrage-, sondern von Logistik-Problemen im Zuge der Markteinführung des Model 3 in Europa. Laut Forbes erwartet er ein solides zweites Quartal 2019 mit erheblichem freien Cashflow.
Tesla-Chef Elon Musk hat intern und öffentlich mehrfach mögliche neue Rekorde im laufenden Quartal in Aussicht gestellt. Gegenüber Analysten prognostiziert das Unternehmen 90.000 bis 100.000 Auslieferungen im Vierteljahr bis Ende Juni, alles über 90.700 wäre ein neuer Rekord. Auch Musk selbst sagt, dass die Nachfrage hoch ist und dass die Probleme eher auf der Auslieferungsseite liegen. Derzeit könne Tesla nicht so schnell Autos produzieren, wie sie verkauft werden, erklärte er zudem auf der Hauptversammlung vergangene Woche.