Ein Zwischenfall mit einer protestierenden Frau auf dem Tesla-Stand bei der Messe Auto Shanghai 2021 in China hat ein Nachspiel – für beide Seiten. Die Frau, eine Tesla-Besitzerin aus der Provinz Henan, wurde laut einem Bericht von Automotive New anschießend für fünf Tage in Haft genommen. Doch auch Tesla hat nach dem lauten Messe-Auftritt auf dem Dach eines Model 3 Ärger bekommen: Ein staatliches Medium und ein wichtiges Organ der Kommunistischen Partei ermahnten das Unternehmen laut dem Bericht, hohe Qualität zu gewährleisten und Kunden-Beschwerden ernst zu nehmen. Aktualisierung: Nach weiteren kritischen Medien-Berichten in China hat sich Tesla öffentlich entschuldigt (siehe unten) und wurde aufgefordert, Daten zu einem Unfall mit dem Elektroauto der Frau zur Verfügung zu stellen.
Staat bei Tesla auf Kunden-Seite
Die Frau war am Montag, bekleidet mit einem T-Shirt mit Schriftzeichen und Tesla-Logo, auf das Dach eines ausgestellten Model 3 gestiegen und hatte lauthals gerufen, die Bremsen bei Tesla würden nicht funktionieren. Die Szene zog viele Neugierige an, die Teile davon filmten und ins Internet stellten, wo sie sich schnell verbreiteten. Erst nach einigem Rufen gelang es, die Protestierende von dem Dach zu holen. Auf Fotos war später zu sehen, dass der Tesla-Stand mit einem Band rundherum plus vielen Sicherheitsleuten abgeschirmt wurde; die Frau wurde an Füßen und einer Hand vom Stand getragen.
Sie sei vom Gelände eskortiert worden, hieß es dazu zunächst nur. Am Dienstag meldete Automotive News unter Berufung auf die lokale Polizei, die Tesla-Besitzerin müsse fünf Tage in Haft verbringen. Das bestätigt zunächst den Eindruck vieler westlicher Beobachter, sie habe zu Unrecht protestiert – in den USA wurde in vielen Fällen behauptet, Elektroautos von Tesla hätten nicht gebremst oder von selbst beschleunigt, was sich laut der Behörde NHTSA aber stets als Fahrer-Fehler herausstellte.
Someone isn’t happy with @Tesla #AutoShanghai2021 pic.twitter.com/dQznsUsVvO
— Sino Auto Insights (@SinoAutoInsight) April 19, 2021
Zu dem Fall der Frau in China sagte Tesla laut Automotive News, sie sei bekannt dafür, schon mehrfach wegen des Bremsen-Themas protestiert zu haben. Man suche stets nach Lösungen, werde aber niemals unberechtigten Forderungen nachgeben.
Dennoch reagierten nach dem Bericht zwei ernst zu nehmende staatliche Stellen in China auf den Vorfall und stellten sich dabei auf die Kunden-Seite statt auf die von Tesla, dessen Stand-Ruhe gestört wurde. Die Nachrichten-Agentur Xinhua schrieb von technischen Problemen bei Tesla und forderte das Unternehmen auf, sich mit guter Qualität das Vertrauen der Verbraucher zu verdienen. Und ein wichtiges Partei-Organ, der zentrale Ausschuss für Politik und Recht, forderte in dem Dienst WeChat, Tesla solle chinesische Konsumenten respektieren. Jedes verantwortungsbewusste Unternehmen sollte bemüht sein, Fehlerursachen zu finden und seine Produkte zu verbessern. Tesla habe das nicht getan, schrieb laut Automotive News der Ausschuss, der alle Strafverfolgungsbehörden Chinas kontrolliert.
Aktualisierung: Chinesische Medien berichteten weiter negativ über das Verhalten von Tesla, und in einer weiteren Stellungnahme hat sich das Unternehmen auf Weibo dafür entschuldigt, das Problem mit der unzufriedenen Besitzerin noch nicht gelöst zu haben, meldete am Mittwoch die Financial Times. Jetzt sei ein Team für die Klärung eingerichtet worden, das laut Tesla mit jeder staatlichen Untersuchung kooperieren werde. Nach weiteren Berichten aus China forderte die Kundin nach einem Unfall in diesem Februar eine Kompensation von Tesla. Mehrere Vermittlungsversuche einer Behörde sollen gescheitert sein, weil Tesla sich weigerte, die Telemetrie-Daten der letzten 30 Minuten vor dem Unfall herauszugeben. Jetzt hat die Behörde Tesla offenbar aufgefordert, die Daten vollständig zur Verfügung zu stellen, und das Unternehmen will dieser Aufforderung nachkommen.
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The Zhengzhou Zhengdong New District Market Supervision & Admin Bureau, which oversees the Tesla showroom where the lady first protested in early March, is now requiring Tesla to unconditionally provide vehicle operation data for the half hour before the accident. pic.twitter.com/z5W6D5R8O9
— Lei 𝕏ing邢磊 (@leixing77) April 21, 2021
China streng, Musk unbeeindruckt
Wie es aussieht, bietet China Tesla also nicht nur beste Bedingungen für schnelles Wachstum bei Produktion und Verkauf in dem Land, sondern zeigt sich auch streng gegenüber dem eingeladenen Eindringling aus dem Westen. Vor kurzem wurde berichtet, Tesla-Elektroautos dürften zur Abwehr von Spionage per Kamera nicht mehr in chinesischen Militär-Komplexen parken. Teslas China-Chefin erklärte daraufhin, alle lokalen Gesetze und Vorschriften würden eingehalten und in China gesammelte Daten nur dort gespeichert. Ein Analyst, der Tesla allgemein positiv sieht, drängte Anleger Ende März dazu, auch eine mögliche Zukunft ganz ohne China zu berücksichtigen. CEO Elon Musk zeigte sich eine Woche später unbeeindruckt und erklärte, das Land werde langfristig der größte Markt für Tesla sein.