Bild: Jay in Shanghai
Ob er es will oder nicht – nicht nur als CEO von Tesla muss sich Elon Musk mit geopolitischen Verschiebungen befassen, die enorme Auswirkungen auf sein Geschäft haben können. So produziert Tesla die meisten seiner Elektroautos derzeit in seiner Fabrik in China und bezieht zusätzlich Batterien und Rohstoffe von Unternehmen in dem Land, dessen Beziehungen zu den USA zunehmend angespannt sind. Und tatsächlich scheint Musk mit Blick auf China bereit, nationale Empfindlichkeiten zu berücksichtigen: Für die dortige Internet-Aufsicht schrieb er jetzt einen Gast-Beitrag über „Technologien für eine bessere Zukunft“. Darin ging er auf Tesla, Neuralink und auch SpaceX ein, nicht aber auf den Internet-Dienst Starlink seines Weltraum-Unternehmens.
Tesla-Chef dankt für Einladung
Schon dass Musk überhaupt für das Magazin der Cyberspace Administration of China geschrieben hat, könnte man bemerkenswert finden. Schließlich begründete er sein Kauf-Angebot für Twitter unter anderem mit seinem Einsatz für freie Meinungsäußerung, und die chinesische Behörde ist offen für das Gegenteil davon zuständig: Zu ihren Aufgaben zählt das Festlegen und Durchsetzen von Zensur-Regeln im Internet, die viel einschneidender sind als die Moderation bei Twitter.
Er bedanke sich für die „Einladung“, zu dem Magazin China Cyberspace beizutragen, schreibt der Tesla-Chef zu Beginn seines Artikels, der im Juli erschien und am Samstag von der staatlichen Agentur Xinhua auf Englisch veröffentlicht wurde. So lange die Menschheit nicht behäbig werde, werde ihre Zukunft leuchtend sein, erklärt Musk in seinem üblichen optimistischen Ton. Er selbst wolle möglichst viel dazu beitragen und verfolge dieses Ziel mit Tesla, Neuralink wie SpaceX.
Tesla ist dabei für Erzeugung und Speicherung von sauberem Strom und für die Elektrifizierung des Transports zuständig, schreibt Musk weiter. Die größte Schwierigkeit dabei liege in der Produktion von genügend Lithium-Ionen-Batterien. Tesla arbeite daran, diese Begrenzung aufzuheben. Mit Solar- und Windenergie zusammen mit Batterie-Speichern und Elektroautos werde die Welt in eine nachhaltige Zukunft kommen, und er freue sich, dass immer mehr Anbieter in diesen Bereich einsteigen. Mit chinesischen Unternehmen sei bei Energie-Innovation zu rechnen, schreibt Musk. Bei einem Video-Auftritt bei einer Konferenz in China hatte er ihnen schon vor einem Jahr Bestleistungen bei Elektroautos und Software bescheinigt (s. Foto oben).
Helfen mit SpaceX und Neuralink
Auch dem Tesla-Roboter Optimus widmet er in dem Gast-Beitrag für Chinas Internet-Zensor einige Absätze. Der solle zunächst langweilige und gefährliche Aufgaben übernehmen, wiederholt der CEO frühere Aussagen, laut denen eigene Roboter unter anderem bei Tesla arbeiten sollen. Die Vision bestehe aber darin, dass Millionen davon in Haushalten zu finden sind, wo sie kochen, den Rasen mähen oder Senioren betreuen. Wenn „eines Tages“ das Problem der autonom fahrenden Autos gelöst sei, werde es für intelligente Roboter noch viel breitere Anwendungen geben, schreibt Musk. In weniger als einem Jahrzehnt könnten die Kosten dafür so weit gedrückt sein, dass man sie zu einem Geburtstag verschenken kann.
Mit Neuralink wiederum will Musk der Menschheit helfen, indem er Hirn-Schädigungen mit Hilfe von Elektroden umgeht – und später direkte Verbindungen zu künstlichen Intelligenzen ermöglichen, wie er für das China-Magazin weiter schreibt. SpaceX schließlich solle eine sich selbst erhaltende Zivilisation auf dem Mars aufbauen, damit die Menschheit weiter existieren kann, wenn es die Erde nicht mehr gibt. Laut Musk will SpaceX mindestens 1000 Starship-Raketen bauen, um Pioniere und Material zu dem fernen Planeten zu schicken.
Höfliches Starlink-Verschweigen in China
Der Tesla- und SpaceX-Chef hat also ein volles und breites Programm für die Zukunft, einen Aspekt davon aber ließ er komplett unter den Tisch fallen. Äußerungen über das in China ebenfalls heikle Thema Twitter waren vielleicht nicht zu erwarten, denn noch gehört der Dienst Musk nicht, und wegen Zweifeln an den Nutzer-Daten versucht er derzeit, aus der verbindlichen Kauf-Vereinbarung herauszukommen. SpaceX aber betreibt auch den schnell wachsenden Starlink-Dienst für Internet über Satellit. Noch braucht er zur Nutzung Boden-Stationen, doch eine neue Generation von Satelliten soll per Laser direkt untereinander kommunizieren. Autoritäre Staaten könnten gegen einen solchen Internet-Dienst im Prinzip nichts ausrichten, erklärte Musk im vergangenen September auf Twitter, doch als Gast-Autor im strengen China ging er auf diesen Aspekt seiner persönlichen Vision und Mission jetzt nicht ein.