Elon Musk hat sich offenbar vorgenommen, alle großen Probleme für die Menschheit quasi im Alleingang zu lösen. Mit Tesla will er die Welt mit Elektroautos und sauberer Strom-Versorgung vor einer Klima-Katastrophe bewahren, mit SpaceX die Besiedelung fremder Planeten ermöglichen, falls die Erde doch unbewohnbar wird. Mit der Bohr-Firma Boring baut Musk gleichzeitig Tunnels für schnellen Transport in Städten und über Land. Und wie der Tesla-Chef am Freitag mit seinem vierten Unternehmen Neuralink zeigte, will er obendrein eine direkte Verbindung von Menschen zu Computern schaffen – um zu verhindern, dass wir von künstlicher Intelligenz überflügelt werden.
Chip-Schwein lässt Tesla-Chef warten
Tesla und SpaceX sind laut Musk seine wichtigsten Unternehmen, aber auch Neuralink scheint ihm am Herzen zu liegen. Wie er im Vorfeld erklärte, hat er die Sorge, intelligente Computer könnten sich gegen die Menschheit wenden, wenn die nicht lernt, von den neuen Möglichkeiten selbst und direkt Gebrauch zu machen. Also hat Neuralink einen Chip entwickelt, der eine Funk-Verbindung zwischen Gehirn und Computern schafft: Er wird unter der Kopfhaut implantiert, nimmt über 1024 feine Drähte Kontakt zu Neuronen im Hirn auf und funkt Daten davon an ein externes Gerät – die Bluetooth-Reichweite genügt, um das normale Smartphone dafür zu benutzen.
Bei einer Online-Präsentation am Freitag ließ der Chef von Tesla, Neuralink und mehr ein Schwein namens Gertrude auf die Bühne kommen, dem der Chip in der aktuellen Version eingesetzt wurde. Ein Bildschirm zeigte währenddessen an, was im Gehirn des Tieres vor sich geht. Die Elektroden in Gertrude waren mit ihrem sensorischen Zentrum verbunden. Wenn sie nach Futter schnüffelte, erschienen Ausschläge auf dem Bildschirm, beim Berühren mit der Nase erklang ein Ton. Das Schwein bekam den Neuralink-Chip laut Musk vor zwei Monaten, und es geht ihm gut damit. Dass es noch einen eigenen Willen hat, zeigte sich deutlich daran, dass es erst nicht auf die Bühne kommen wollte.
Bei schnüffelnden Schweinen will der Multi-CEO aber keinesfalls bleiben. Die erste praktische Anwendung für den Hirn-Chip sollen Menschen mit schweren Lähmungen sein – Musk möchte im Grunde ihre zerstörten Nerven-Leitungen mit Technik überbrücken. Die Medizin-Behörde FDA habe das System im Juli als potenziellen Durchbruch eingestuft, sagte er bei der Präsentation. Die erste Implantation bei einem Menschen solle es deshalb „bald“ geben, wenn weitere Genehmigungen und Sicherheitstests vorliegen.
Professor sieht großen Fortschritt
Der umtriebige Tesla-Chef ist nicht der einzige, der an Verbindungen zwischen Gehirnen und Computern arbeitet. Aber seine Vision geht wie üblich viel weiter, und auch technisch kommt Musk mit Neuralink offenbar gut voran. Der Biomedizin-Professor Bolu Ajiboye sprach gegenüber der Zeitschrift IEEE Spectrum von einem „bedeutenden Fortschritt“, falls sich zeigen lasse, dass der Chip langfristig und sicher Daten sammelt und überträgt.