Die Anreise von Nancy Pelosi nach Taiwan an diesem Dienstag war heikel. Zwar ist sie kein Mitglied der US-Regierung, aber als Sprecherin des Repräsentantenhauses eine wichtige Politikerin – und China will keine Staatsbesuche in dem Land, das es nur als einen abtrünnigen Teil der eigenen Volksrepublik ansieht. Befürchtet wurde sogar ein Angriff auf die US-Jets, die Pelosi bei ihrem Flug nach Taiwan begleiteten. Letztlich blieb es zunächst bei chinesischen Drohgebärden, doch ganz ohne Konsequenzen für den Westen war die Reise nicht: Laut einem Bericht verschob CATL, größter Batterie-Hersteller der Welt und wichtiger Lieferant von Tesla, die Bekanntgabe von Milliarden-Investitionen in Nordamerika.
Größter Teil von Tesla-Gewinn in China
Tesla kaufte als erster westlicher Kunde LFP-Batterien von CATL aus China. Mittlerweile wird dieser vergleichsweise billigen und robusten Chemie allgemein große Bedeutung bei Elektroautos mit mäßigen Reichweiten-Anforderungen zugetraut. Zuletzt verkündete Mitte Juli Ford eine strategische Kooperation mit CATL über LFP-Akkus für Elektroautos in Nordamerika. Ab 2023 sollen sie im Mustang Mach-E und ab 2024 im F-150 Lightning verwendet werden. Über noch weiter reichende Pläne wurde eine Absichtserklärung geschlossen.
Dazu passte, dass CATL nach Berichten hohe Investitionen für neue Fabriken in Nordamerika plante. Das war wegen der Spannungen zwischen den USA und China schon vorher politisch heikel, weshalb das chinesische Unternehmen offenbar dazu neigte, Standorte nahe an Texas in Mexiko zu wählen. Laut der Nachrichten-Agentur Bloomberg sollte die Entscheidung in den nächsten Wochen bekannt gegeben werden. Doch nach dem Pelosi-Besuch in Taiwan habe CATL beschlossen, das auf diesen September oder Oktober zu verschieben, um nicht noch mehr zwischenstaatliche Verstimmung zu riskieren, meldete die Agentur.
https://twitter.com/davidtayar5/status/1554636404403093505
Somit wurde weder das Pelosi-Geschwader auf dem Weg nach Taiwan bedrängt oder gar abgeschossen, und CATL hat seine Amerika-Expansion offenbar nicht begraben, sondern will nur Informationen darüber zurückhalten. Insofern ist einstweilen nichts Gravierendes passiert, aber der Analyst Adam Jonas von Morgan Stanley nutzte das Geschehen trotzdem als Anlass, auf erhebliche China-Risiken für die westliche Elektroauto-Branche und insbesondere Tesla hinzuweisen. Allerdings bietet die schwierige geopolitische Lage für ihn auch Chancen, geht aus Twitter-Auszügen aus einer Studie von Dienstag hervor.
Zu den Risiken weist Jonas darauf hin, dass China für Tesla wichtiger sei als für praktisch jeden anderen großen Auto-Hersteller. Das Unternehmen erziele mehr als 30 Prozent seines Umsatzes in dem Land und mache mindestens 50 Prozent seines Gewinns dort. Doch vernetzte Elektroautos mit vielen Kameras und Sensoren und Autonomie-Funktionen würden letztlich auf ein Transport-Netz im Stil einer staatlichen Infrastruktur hinauslaufen. Als solche werde es auf längere Sicht von China auch reguliert werden, was für eine Dominanz inländischer Anbieter spreche.
Chance für Elektrouto-Eigenständigkeit
Diese China-Warnung von Jonas ist nicht neu. Er empfiehlt die Aktie zwar weiterhin zum Kauf mit einem aktuellen Kursziel von 1150 Dollar, riet Anlegern aber schon im vergangenen Jahr, sich mit einer Tesla-Zukunft ohne großes China-Geschäft zumindest zu beschäftigen. Auf der anderen Seite sieht er in dem politischen Umfeld auch die Chance, dass der Westen gezwungen ist, sich von seiner Batterie-Abhängigkeit zu lösen. Tesla trägt kräftig dazu bei und baut eigene Batterie-Fabriken in Deutschland wie den USA. Allerdings kommen laut der Studie von Morgan Stanley derzeit nicht nur etwa 50 Prozent aller Batterien aus China, sondern auch 50-75 Prozent der für die Produktion benötigten Materialien. Man könne argumentieren, dass die globale Lieferkette dafür weniger sicher sei als die für Öl und Gas, schreibt Jonas.