Bild: Interne Autopilot-Visualisierung (Foto: @greentheonly)
Anfang März weckte Tesla-CEO Elon Musk stufenweise immer mehr Hoffnung für all die Besitzer seiner Elektroautos, die wie bis dahin nur einige hundert Auserwählte ebenfalls an dem Beta-Test der neuesten Autopilot-Software namens FSD teilnehmen wollen. Zumindest jeder Kunde in den USA werde bald einen „Beta-Button“ für den Download der Software bekommen, kündigte Musk schließlich an. Zunächst sollte es noch im selben Monat so weit sein, lässt aber noch auf sich warten. Und wie jetzt bekannt wurde, waren Mitglieder des Autopilot-Teams bei Tesla offenbar zur gleichen Zeit bemüht, bei einer Behörde die Fortschritte des Systems kleinzureden.
Widerspruch zu Aussagen von Elon Musk
Das geht aus Dokumenten der kalifornischen Auto-Behörde DMV hervor, deren Veröffentlichung ein hartnäckiger Tesla-Kritiker oder auch -Hasser erwirkt hat. Schon im März hatte er auf diesem Weg herausgefunden, dass Tesla in einer Antwort an das DMV auch seine als FSD für Full-Self Driving bezeichnete neueste Software nur als Assistenzsystem der Stufe 2 betrachtet (volle Autonomie bedeutet Stufe 5 oder L5). Und laut den neuen Dokumenten hat ein Mitglied von Teslas Autopilot-Team im März gegenüber der Behörde gesagt, eine Twitter-Nachricht von Musk zu dem Thema entspreche nicht der technischen Realität.
Um das zu erfahren, muss man das veröffentlichte DMV-Dokument etwas genauer ansehen, wie sich auf Twitter schnell herumsprach. Einige Passagen darin sollten offenbar unlesbar gemacht werden, was aber nur teilweise gelang – sie sind nicht Schwarz auf Weiß zu sehen, aber noch als versteckter Text vorhanden, der sich kopieren lässt. Auch Nachrichten-Agenturen zitierten deshalb die Aussage von CJ Moore aus dem Tesla-Team in einer virtuellen Konferenz mit DMV-Vertretern am 9. März. Laut seinem LinkedIn-Profil ist er Director für Autopilot-Software.
„Elons Tweet entspricht laut CJ nicht der technischen Realität“, soll die Aussage in dem Dokument wörtlich lauten. Es handelt sich also nicht um ein direktes Zitat des Mitarbeiters oder eines der anderen Teilnehmenden von Tesla-Seite, sondern um eine Zusammenfassung von Aussagen durch die Behörde. Auch ist nicht ganz klar, welche Twitter-Nachricht damit gemeint ist. Einer der Auslöser für die Konferenz mit Tesla war laut dem veröffentlichen DMV-Memo die Ankündigung des breiten Beta-Buttons durch Musk am selben Tag. Die Äußerung von CJ Moore kam nach der DMV-Darstellung aber erst als Antwort auf die allgemeinere Frage, wie die „Äußerungen von Elon über L5-Fähigkeit bis Ende des Jahres“ zu bewerten seien.
Verlangt der Tesla-Chef Unmögliches?
Unabhängig davon ist der Kontrast zu öffentlichen Äußerungen von Musk deutlich, und das Dokument enthält einen weiteren: „Tesla kann nicht sagen, ob das Verbesserungstempo ausreicht, um bis Ende des Kalenderjahres L5 zu erreichen“, fasste das DMV zusammen. Musk hat das zwar nicht versprochen, aber mehrfach als so gut wie sicher dargestellt. Er sei „hochgradig zuversichtlich, dass das Auto in diesem Jahr in der Lage sein wird, mit einer über der menschlichen liegenden Zuverlässigkeit selbst zu fahren“, sagte der Tesla-Chef Ende Januar. In einem Interview im vergangenen November ließ er sich zwar ebenfalls nicht zu einer definitiven Aussage hinreißen, ging aber noch ein Stück weiter: „Ich bin extrem zuversichtlich, dass Tesla nächstes Jahr Level 5 haben wird, extrem zuversichtlich, 100 Prozent“, sagte er.
Solche Aussagen sollen darauf beruhen, dass Musk die bislang erreichten Verbesserungen in die Zukunft extrapoliert, erklärten seine Mitarbeiter laut DMV in der Konferenz im März. Doch jedenfalls im Austausch mit Behörden scheint nicht jeder im Autopilot-Team bereit zu sein, diesen Optimismus mitzutragen. Das unerwartet lange Warten auf den begehrten Beta-Button für die Teilnahme an dem FSD-Test könnte vor diesem Hintergrund ein Indiz dafür sein, dass Musk von sich und seinem Team jedenfalls bis Ende dieses Jahres tatsächlich Unmögliches verlangt.