Tesla ist kein Autohersteller, sondern ein Technologie-Unternehmen. Das betonen manche Beobachter immer wieder, auch um die gemessen an der Auto-Branche extrem hohe Bewertung der Aktie zu rechtfertigen. Trotz der Korrektur seit Ende Januar kostet Tesla an der Börse immer noch gut das Zwanzigfache des Umsatzes im Jahr 2020, was ungewöhnlich viel ist. Aber CEO Elon Musk deutete jetzt an, dass die Tesla-Software für autonomes Fahren auch weit jenseits von Elektroautos nützlich werden könnte.
Tesla will KI für physische Welt
Unbeirrt von Kritikern versucht Musk nicht erst seit seiner berühmten „Robotaxi“-Ankündigung von Frühjahr 2019, seine Vision vom autonomen Fahren umzusetzen. Während fast alle Konkurrenten dafür auf hochaufgelöste Karten und Lidar-Sensoren setzen, will der Tesla-Chef das Ziel hautsächlich mit Kamera-Daten erreichen, die mit hoch entwickelter künstlicher Intelligenz ausgewertet werden.
Technisch wollte er zunächst schon Ende 2019 so weit sein. Letztlich dauerte es bis Oktober 2020, bis Tesla ersten Besitzern seiner Elektroautos in den USA eine Beta-Software aufspielte, die semi-autonomes Fahren (die Tester müssen ihre Hände am Steuer behalten und sind rechtlich weiterhin verantwortlich) auch in Städten ermöglicht. Diese als FSD für Full Self-Driving bezeichnete Software zeigte von Anfang an beeindruckende Ergebnisse und soll laut Musk bald noch einmal deutlich besser werden.
We’re upgrading all NNs to surround video, using subnets on focal areas (vs equal compute on all uncropped pixels) & many other things, so more time needed to write & validate software. Maybe something next week.
This is evolving into solving a big part of physical world AI.
— Elon Musk (@elonmusk) February 24, 2021
Und in diesem Zusammenhang ließ der Tesla-Chef jetzt auf Twitter erkennen, dass er sich für die künstliche Intelligenz des FSD-Systems mehr vorstellen kann als nur das zuverlässige Steuern seiner Elektroautos. Die Software entwickle sich zunehmend in eine Richtung, in der sie „große Teile von KI für die physische Welt lösen kann“, schrieb er als Antwort auf eine Frage nach dem Zeitpunkt für ihr nächstes Update. Und falls das nicht deutlich genug war, bestätigte Musk die konkrete Nachfrage, ob die Tesla-KI neben ihrer FSD-Funktion noch weitere Probleme werde lösen können, mit einem kurzen „das scheint wahrscheinlich“.
Musk rechnet FSD-Umsatzpotenzial vor
An welche weiteren Einsätze er dabei dachte, blieb offen, aber Musk bestätigte auch, dass der Trainingscomputer Dojo, an dem Tesla für das virtuelle FSD-Üben arbeitet, nicht unbedingt nur intern verwendet werden soll. „Potenziell“, schrieb er allerdings recht vorsichtig zu der Frage, ob der Tesla-Supercomputer für die öffentliche Nutzung gegen Bezahlung geöffnet werden soll.
Schon wenn Tesla autonomes Fahren auf beliebigen Strecken tatsächlich früh in den Griff bekommen sollte, würde das eine enorme Stärkung für das Unternehmen bedeuten. Zuletzt in diesem Januar sagte Musk dazu, er gehe davon aus, dass seine Elektroautos in diesem Jahr sicherer fahren könnten als durchschnittliche Menschen.
Allein die dann möglichen Robotaxi-Dienste würden eine Tesla-Bewertung von 1 Billion Dollar rechtfertigen, rechnete er in der Telefonkonferenz zu den jüngsten Geschäftszahlen vor. Und wie es aussieht, sollen in fernerer Zukunft noch weitere Nutzungen für FSD und Dojo hinzukommen – wie in der Software-Branche üblich zu Kosten von nahe Null für jede verkaufte Einheit, wenn erst einmal die Grundlagen geschaffen sind.