Bild: Lordstown Motors
Als Lordstown Motors im vergangenen Oktober mit dem schicken Kürzel RIDE in einer umgekehrten Spac-Fusion an die Börse kam, war die Elektroauto-Welt am Kapitalmarkt in bester Ordnung. Bei Tesla stand der letzte große Aktien-Aufschwung des Jahres noch bevor, und im Windschatten des Vorreiters waren Elektroauto-Startups aller Art gefragt. Doch ähnlich wie bei Tesla selbst ist es mit den fast wahllosen Gewinnen mittlerweile vorbei – wobei im Fall von mehreren Startups Betrugsvorwürfe hinzukamen. Und von gleich zweien davon hat sich bei seiner Elektroauto-Aufholjagd offenbar General Motors hinters Licht führen lassen.
Auf Nikola folgte Lordstown Motors
Als eines der ersten Spac-Startups bekam im Juni 2020 Nikola Corporation eine Börsen-Notierung, das neben einem Pickup als Konkurrenz zum Tesla Cybertruck auch Wasserstoff-Pläne verfolgte. Sein Chef und Gründer präsentierte sich als besserer Elon Musk und verkündete dann tatsächlich eine aussichtsreich klingende Partnerschaft mit GM. Doch vor dem Vollzug kam unter anderem heraus, dass Nikola bei einem Werbe-Video auf denkbar billige Weise getrickst hatte – ein angeblicher Wasserstoff-Lastwagen war gefilmt worden, während er einen Hügel hinabrollte, also angetrieben von nichts als der Schwerkraft.
Der Gründer trat zurück, und GM verzichtete auf die geplante Beteiligung an Nikola. Doch wie als verfrühten Ersatz dafür gab es schon bei der Spac-Fusion von Lordstown zum börsennotierten Unternehmen im Oktober 2020 eine Kapitalspritze des alten Autokonzerns im Elektroauto-Umbau dazu: GM investierte 25 Millionen Dollar in bar und weitere 50 Millionen Dollar in Sachleistungen. Immerhin versprach Lordstown Motors wie zuvor Nikola einen vorzeigbaren Cybertruck-Konkurrenten namens Endurance (s. Foto oben) und meldete 100.000 Vorbestellungen dafür.
Doch ähnlich wie bei Nikola schien ein guter Teil der Behauptungen bei Lordstown nur aus heißer Luft zu bestehen. Den Auslöser zu dieser Erkenntnis lieferte, ebenfalls wie bei GMs erstem Startup-Partner, die Leerverkäufer-Firma Hindenburg Research. 2020 veröffentlichte sie einen Bericht mit schweren und später teils bestätigten Vorwürfen gegen Nikola, in diesem März nahm sie auf ähnliche Weise Lordstown Motors in Visier. Der Aktien-Kurs des Startups hat seine früheren Höhen bei mehr als 30 Dollar seitdem hinter sich und notierte zuletzt knapp über 10 Dollar. Allein an diesem Montag betrug das Minus rund 20 Prozent.
Blaue Elektroauto-Augen bei GM
Denn schon im März räumte die Führung ein, dass die von den Leerverkäufern erhobenen Vorwürfe intern und von der Börsen-Aufsicht SEC untersucht würden. Im Raum stehen Tricks beim Sammeln der vielen Endurance-Vorbestellungen und übertriebene Angaben zum technischen Fortschritt bei dem E-Pickup; ein Prototyp brannte auf einer öffentlichen Straße aus. „Haters gonna hate“, sagte der Lordstown-CEO laut einem Bericht von The Verge zunächst noch zu diesen Berichten. Doch in dieser Woche trat er zusammen mit seinem Finanzvorstand zurück, wie das Unternehmen mitteilte. Schon kurz vorher hatte es gewarnt, sein Kapital werde für den geplanten Aufbau der Produktion möglicherweise nicht ausreichen.
Und so könnte aus dem zweiten Elektroauto-Hoffnungsträger mit GM-Beteiligung ein weiterer Rohrkrepierer werden. Der in der Umorientierung befindliche Alt-Autokonzern scheint sich bei seiner Partner-Suche für die Zukunft bislang also nichts als blaue Augen zu holen.