Der Produktionshochlauf beim Model 3 im Tesla-Stammwerk in Kalifornien brachte das Unternehmen nach späteren Aussagen von CEO Elon Musk in eine zwei Jahre anhaltende Dauerkrise bis Mitte 2019. In der neuen Gigafactory in China dagegen schien er fast reibungslos vor sich zu gehen. Weniger als ein Jahr nach dem offiziellen Start Anfang 2020 erreichte die Produktion dort mehr als 20.000 Model 3 pro Monat, und im Oktober wurde obendrein von überragender Qualität dieser Elektroautos berichtet. An den Weihnachtstagen jedoch erschien ein Artikel der chinesisch-amerikanischen Publikation Pingwest, der das perfekte Tesla-Bild drastisch in Frage stellte. Gegen diesen Bericht hat Tesla in China jetzt geklagt – und wurde zum Ziel einer Gegenklage von Pingwest.
Tesla-Fabrik soll „Sweatshop“ sein
Der Text von Pingwest wurde zunächst auf Chinesisch und dann mit einem Hinweis auf „Modifikationen für mehr Klarheit“ auf Englisch veröffentlicht. Wenig später meldete der Twitter-Beobachter @DKurac, Tesla habe ihn als falsch und sinnlos bezeichnet, unter anderem weil darin von Fehlern beim Model S die Rede sei, das in China gar nicht produziert wird. Diese Angabe ist in der englischen Version nicht zu finden, wurde also möglicherweise korrigiert.
Allerdings bleiben auch so noch genügend Vorwürfe übrig. Die Tesla-Fabrik in China wird in dem Artikel als „Sweatshop“ wie vor 20 Jahren bezeichnet. Mitarbeiter würden schlecht behandelt und bei Widerspruch entlassen, viele würden aber auch von sich aus kündigen, Vermittler von einem Job bei Tesla abraten. Außerdem soll Tesla die Qualitätsanforderungen für zugelieferte Teile und auch für fertige Elektroautos gesenkt haben, um möglichst schnell möglichst viele Model 3 zu produzieren, berichtete Pingwest unter Berufung auf mehrere Mitarbeiter und andere anonyme Quellen.
The report is false, makes no sense since GF3 does not make Model S, Tesla on report saying GF3 uses non-compliant components as high demand puts pressure on suppliers.
QA issues also caused by Tesla own SAP version that caused inventory accuracy to collapse, report claimed. pic.twitter.com/Zh5e8sYjxv— Moneyball (@DKurac) December 25, 2020
Kurz darauf meldete wieder @DKurac unter Berufung auf chinesische Medien, Tesla habe angekündigt, den Autor des Artikels zu verklagen. Und laut einem Bericht der lokalen Publikation Global Times von diesem Sonntag ist das inzwischen tatsächlich geschehen: Pingwest habe bestätigt, eine Klageschrift von Tesla erhalten zu haben, heißt es darin. Bis 8. Februar müsse sich das Medienunternehmen dazu äußern und mögliche Gegenbeweise vorlegen. Nach eigenen Angaben habe es begonnen, Material zu seiner Verteidigung zusammenzustellen, müsse dabei aber darauf achten, seine Quellen zu schützen.
Gegenklage von Medienunternehmen
Darüber hinaus geht Pingwest selbst in die Offensive, berichtet Global Times weiter: Das Unternehmen habe seinerseits gegen Tesla geklagt, weil es durch die Äußerungen des Gegners seinen Ruf im Internet beschädigt sieht. Laut @DKurac ist schon am 26. Januar ein Gerichtstermin in Shanghai angesetzt. Die beiden Parteien würden sich gegenseitig „cyber tort“ vorwerfen, also Gesetzesverstöße im Internet.