Bild: Tesla-Chef Musk bei Deutschland-Besuch (Foto: @tobilindh)
Journalisten haben damit schon länger ihre Probleme, und seit der Blog Electrek vor kurzem darüber berichtete, ist auch der breiteren Öffentlichkeit bekannt, dass Tesla auch mit Blick auf die Presse-Arbeit neue Wege geht: Die PR-Abteilung in den USA soll schlicht aufgelöst worden sein, nachdem Medien-Anfragen schon vorher nicht mehr beantwortet wurden. In Europa und erst recht Asien sieht es bei Tesla allerdings anders aus. Und ein Medien-Professor sagte jetzt in einem Interview, dass Teslas allgemeine Schweigsamkeit gegenüber Journalisten auf der einen Seite typisch für US-Unternehmen sei und auf der anderen Seite durchaus ältere Vorbilder in Deutschland habe.
Tesla wie Familien-Unternehmen
Auf gewisse Weise sei Tesla wie ein deutsches Familien-Unternehmen, sagte in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung (SZ) Lutz Frühbrodt, Professor für Fachjournalismus und Unternehmenskommunikation an der Hochschule Würzburg – auch für den SZ-Beitrag wurde erfolglos nach einer Stellungnahme gefragt. Ähnlich wie bei Aldi und Lidl, die für die Presse früher ebenfalls kaum ansprechbar waren, stecke hinter der Blockade die Botschaft, PR einfach nicht nötig zu haben: Die Preise (oder im Fall von Tesla die Elektroautos) sollten einfach für sich sprechen.
Gleichzeitig steht das Vorgehen von Tesla laut Frühbrodt für einen breiteren Trend vor allem bei US-Unternehmen aus der Technologie-Branche, Medien nicht als Partner auf Augenhöhe zu betrachten, sondern eine „top-down-Kommunikation mit zuweilen manipulativen Zügen“ zu verfolgen. Auch andere Tech-Unternehmen aus dem Silicon Valley würden in Europa so vorgehen. Über soziale Medien sei es zudem leichter geworden, statt über Journalisten direkt Kontakt zur Öffentlichkeit aufzunehmen, um sich nur über gewünschte Themen zu äußern.
Und bei Tesla macht das CEO Elon Musk persönlich. Europäische Presse-Mitarbeiter (die es noch gibt, aber nicht offiziell in dieser Funktion) erlauben sich gelegentlich zu scherzen, bei US-Unternehmen wisse man hierzulande grundsätzlich nur, was auf deren amerikanischer Website steht – und bei dem Elektroauto-Pionier eben zusätzlich das, was Musk auf Twitter schreibt.
„Visionen im Sinn von Helmut Schmidt“
Dazu sagte Medien-Professor Frühbrodt jetzt der SZ, der CEO sei eine „One man Show“, ein bisschen wie bei Apple in der Ära unter Steve Jobs. Vorstellungen neuer Geräte seien dort oft „reine Jubelarien“ gewesen. Wer kritische Fragen stellte, habe damit rechnen müssen, beim nächsten Mal nicht mehr eingeladen zu werden. Auch Tesla hatte den begrenzten Zugang zu seinem großen Batterie-Infotag im September offiziell verlost, aber es waren auffallend viele Twitter-Beobachter zugegen, die wie ein inoffizielles Presse-Team auftreten, indem sie Tesla erklären und teils energisch verteidigen.
Frühbrodt sieht das kritisch: Musk werfe bei Tesla die Fragen auf, wer die Themen und die Inhalte bestimme, die damit zusammenhängen, und beantworte sie mit einem lauten „Ich“. Darin erkennt der Professor einen „radikalen Schnitt, der eine gewisse geistige Verwandtschaft zum politischen Populismus aufweist“. Tesla versuche, die „kritische, differenzierende Betrachtungsweise auszuhebeln“.
Zu Aussagen vom CEO, sein Unternehmen sei das Ziel von Medien-Verschwörungen, weil Tesla ihnen kein Geld für Werbung gibt, sagte der Professor, es komme eben vor, dass Visionäre Visionen haben – im Sinne von Ex-Bundeskanzler Helmut Schmidt, der für solche Fälle einen Arzt-Besuch empfahl. Und wer Visionen habe, sei eben schwer von einer PR-Abteilung zu kontrollieren. Also mache Musk die Kommunikation gleich selbst. Dabei könne es vorkommen, dass er eine riesige Neuigkeit wie den Standort der europäischen Gigafactory von Tesla bei Berlin quasi nebenbei verkündet – und damit mehr Aufsehen erregt als mit einer organisierten Presse-Konferenz.