Das Denken in physikalischen Gesetzmäßigkeiten statt nach wirtschaftlichen oder gesellschaftlichen Gewohnheiten gehört zu den Spezialitäten von Elon Musk und somit seiner Unternehmen Tesla und SpaceX. So erklärte er zwischendurch aus einer Laune heraus, seinen Titel als CEO bei Tesla zu streichen, weil diese Position nach US-Börsenrecht gar nicht vorgeschrieben sei. Ebenfalls gegen alle Konvention stieß Musk schon Analysten in einer der rituellen Telefon-Konferenzen nach neuen Tesla-Geschäftszahlen vor den Kopf. Und wer hat eigentlich gesagt, dass ein Unternehmen, das bald weltweit Millionen Elektroautos pro Jahr verkaufen will, eine Presse-Abteilung braucht?
Ende von Tesla-PR in USA gemeldet
Vermutlich jedenfalls noch kein Physik-Grundlagenforscher, und auch nicht Elon Musk, denn nach Berichten wurde Teslas zentrale Kommunikationsabteilung in den USA in den letzten Monaten schlicht aufgelöst. US-Journalisten hatten sich schon vorher vielfach beklagt, von den bekannten Tesla-Adressen und -Ansprechpartnern keine Antworten mehr zu bekommen, obwohl sie gewissenhaft Anfrage nach Anfrage stellten. Der Blog Electrek, dem es nicht anders erging, hakte nach und meldete dann: „Tesla löst PR-Abteilung auf – weiteres Novum in der Branche“.
Das habe eine Quelle auf höchster Ebene bei Tesla bestätigt, berichtete Electrek – „Wir haben kein PR-Team“ wurde sie zitiert. Die zuletzt (angeblich) für PR und Kommunikation verantwortliche Managerin habe das Unternehmen schon Ende 2019 verlassen, nach und nach seien dann auch alle anderen Mitglieder ihres Teams ganz ausgeschieden oder in andere Positionen bei Tesla gewechselt.
Korrekt berichtete Electrek außerdem, in Europa und Asien habe Tesla auch weiterhin einige PR-Mitarbeiter: Zumindest für Deutschland kann teslamag.de bestätigen, dass Medien für Tesla-Verhältnisse neuerdings geradezu mit Einladungen und Informationen verwöhnt werden. Allerdings kann man auch hierzulande tendenziell nicht mit Antworten auf Anfragen rechnen, und die Mitarbeiter gehören nicht offiziell zu einem Presse-Team.
Mehr Öffentlichkeitsarbeit in China
Und CEO Musk mag bei technischen Problemen auf der Suche nach den tiefsten Ursachen beharren, geschäftlich ist er auch sonst pragmatisch. Laut einem Bericht sieht er auf einem weiteren Markt offenbar größeren Bedarf an Öffentlichkeitsarbeit und zögert nicht, ihn zu decken: in China. Tesla suche dort nach neuem Personal für PR- und Regierungsarbeit, meldete am Mittwoch die Nachrichten-Agentur Bloomberg. In den zehn größten und einigen kleineren Städten des Landes sollten solche Stellen besetzt werden.
In den Anzeigen gehe es jeweils um „regionale Manager für externe Beziehungen, die ein positives Image von Tesla auf regionalen Märkten aufbauen“ sollen, berichtet Bloomberg. Dazu sollen die neuen Tesla-Kräfte Kontakte mit Medien, Behörden und Branchenverbänden pflegen, Interviews mit Führungskräften organisieren, politisch recherchieren und sich mit lokalen Regierungen austauschen. Gesucht werden also offenbar klassische Presse- und Öffentlichkeitsarbeiter mit einer für China wohl passenden Prise Kontakt mit dem Staat.
Tesla-CEO reagiert auf Bedarf
Ob die neuen Mitarbeiter auch offiziell zu einem Presse- oder PR-Team gehören werden, ist natürlich wieder eine andere Frage. Jedenfalls entsteht der Eindruck, als würde sich Tesla bei der Personal-Stärke für solche Aufgaben sehr genau am Bedarf orientieren. Im Heimatland USA verkaufen sich Teslas nach Einschätzung von Musk offenbar weiterhin wie von selbst und mit reichlich Unterstützung der eigenen Kunden. Europa ist noch nicht so weit, und in Deutschland braucht Tesla außerdem tausende Mitarbeiter für seine Gigafactory. Und China ist sowohl schon heute der umkämpfteste Elektroauto-Markt der Welt als auch der mit dem wohl größten Zukunftspotenzial – hier erlaubt sich deshalb vielleicht selbst Musk ein wenig mehr konventionellen, aber immerhin gut begründeten Einsatz an der Medien-Front.