Bild: Tesla (nach vorn gerichtete Kamera-Einheit im Innenspiegel)
Seit Tesla bei Model 3 und Model Y in den USA das Radar aus der Sensor-Hardware für sein Autopilot-System entfernt hat, häufen sich bei der Verkehrsbehörde NHTSA Meldungen über heftige Bremsungen ohne erkennbaren Anlass, weshalb sie eine Voruntersuchung begonnen hat. Ein Zusammenhang mit dem Verzicht auf den Radar-Sensor zugunsten des neuen Prinzips „vision only“, von CEO Elon Musk im März 2021 überraschend angekündigt, liegt nah. Doch davon offenbar unbeeindruckt lässt Tesla jetzt auch bei Model S und Model X den zusätzlichen Sensor weg.
Tesla schafft Radar nach und nach ab
Zwei Monate nach der Musk-Ankündigung strich Tesla die Radar-Erwähnung in der Beschreibung seiner Autopilot-Sensoren auf seiner US-Website und bis Ende des Jahres auch in Europa und China komplett. Allerdings betraf die Änderung weiterhin nur die USA, und dort nur Model 3 und Model Y: Von neuen Model S war in dem Forum Tesla Motors Club noch in diesem Februar zu lesen, dass Fehler-Meldungen zum Radar angezeigt wurden, sodass es vorhanden sein und auch genutzt werden dürfte. Und deutsche Käufer aktueller Model 3 und Model Y aus China einigten sich im Forum TFF darauf, dass auch ihre Elektroautos noch Radar haben müssen, weil der adaptive Tempomat wie früher bis 150 Stundenkilometer funktioniert.
Von einem Radar-Verzicht auch bei der Produktion in China wurde zuletzt nichts bekannt, doch in den USA ist Tesla diesen Schritt jetzt auch bei Model S und Model X gegangen. Das geht aus einem neuen Einschub auf der im Mai 2021 eingerichteten Support-Seite „Transitioning to Tesla Vision“, der in dieser Woche von einem Twitter-Nutzer entdeckt wurde. „Nutzen Model S und Model X noch Radar?“, fragt Tesla sich dort selbst und antwortet, dass die beiden Premium-Elektroautos Mitte Februar auf „vision only“ umgestellt wurden. Explizit wird außerdem bestätigt, dass es vorher anders war: „Alle zuvor für den nordamerikanischen Markt produzierten Model S und Model X sind mit Radar ausgestattet“.
https://twitter.com/JeffTutorials/status/1497037416154247203
Tesla zeigt also trotz der NHTSA-Untersuchung der gehäuften Phantom-Bremsungen bei Model 3 und Model Y keine Neigung, bei Radar noch einmal umzudenken. Überraschend ist auch eher, dass die Abschaffung bei Model S und Model X so lange gedauert hat und in Europa selbst bei den kleineren Modellen noch aussteht. CEO Musk hatte sich schließlich im März 2021 und später wiederholt sehr deutlich gegen Radar und für die reine Auswertung von Bild-Daten ausgesprochen.
FSD-Software schon als „vision only“
Außerdem arbeitet die Beta-Software FSD für das Autopilot-System bereits auf reiner Vision-Basis. Derzeit wird sie von einigen zehntausend Tesla-Besitzern in den USA getestet, die für ihre Elektroautos die gleichnamige Option für zukünftig autonomes Fahren gekauft haben. Nach aktuellen Aussagen von Musk soll die FSD-Software aber auch zur Grundlage für die Autopilot-Funktionen Tempomat und Spurhalten werden, die in jedem Tesla Standard sind. Wann die Radar-Streichung auch in Model 3 und Model Y für Europa erfolgt, blieb einstweilen offen, aber der aktuelle Schritt in den USA spricht dafür, dass auch das nur eine Frage der Zeit ist. Und wenn wieder Model S und Model X aus der Fabrik in Fremont exportiert werden, wird Tesla fast garantiert nicht eigens für Europa zusätzlich den Radar-Sensor einbauen.