Bild: Moia / VW Nutzfahrzeuge
Wenn die Planungen von Tesla-CEO Elon Musk auch nur annähernd aufgehen, werden in vier Jahren bereits Millionen von Teslas unterwegs sein, die zumindest technisch zu vollkommen autonomem Fahren in der Lage sind. Eine Million solcher theoretischen Robotaxis sollten es schon 2020 sein, und die aktuellste Voraussage von Musk dazu lautet, spätestens Ende 2021 werde sein Autopilot-System sicherer fahren als durchschnittliche Menschen. Im Vergleich dazu nehmen sich die Pläne des deutschen Konkurrenten Volkswagen bescheiden, aber vielleicht auch realistischer aus: Ab dem Jahr 2025 will er in Deutschland autonome Elektroautos als fahrerlose Taxis einsetzen.
Elektroauto im Bulli-Format wird autonom
Für solche Pläne zuständig ist im Konzern die Einheit Volkswagen Nutzfahrzeuge, die unter anderem aus Hannover VWs in praktischen Formaten ab dem Caddy beisteuert. Dort soll auch die private Version des ID.Buzz entstehen, die für das kommende Jahr angekündigt ist. Gleichzeitig liegt bei der Nutz-Einheit die Verantwortung für die Entwicklung „zukünftiger Robo-Taxis und -Transporter“, wie ihre Mobility-Tochter Moia in einer Pressemitteilung erklärt.
Unter Moia-Flagge sollen auch die gewerblichen ID.Buzz fahren, die VW Nutzfahrzeuge jetzt für 2025 als autonomen Service beginnend in Hamburg ankündigte; sie tragen den Zusatz AD, der wohl für Autonomous Driving steht. Und wie der große Rest dieser Branche geht auch Volkswagen hier in eine ganz andere Richtung als Elon Musk, der für Teslas nächste Autopilot-Version nicht einmal mehr Radar-Daten verwenden will: Man setze für das autonome Bulli-Elektroauto auf eine Kombination aus „Lidar-, Radar-Sensoren und Kamerasystem“ und halte das für unverzichtbar, teilte das Unternehmen mit.
Musks Ablehnung von Radar ist neu, doch zu dem Laser-System Lidar hat er sich schon früher mehrfach negativ geäußert – er würde es nicht einmal umsonst nehmen, sagte er zum Beispiel. Mehrere andere Entwickler sehen es dagegen als nützliche oder sogar zwingende Ergänzung für wirklich autonomes Fahren, also ohne ständige menschliche Überwachung. Manche in der Branche wie Waymo sprechen Tesla deshalb ohne Lidar sogar die Chance ab, jemals echte Auto-Autonomie zu erreichen.
Keine Privat-Autonomie wie bei Tesla
Volkswagen jedenfalls hat sich schon vor längerer Zeit für Lidar entschieden. Im Jahr 2019 investierte der Konzern in das von Ford finanzierte Startup Argo AI und vertiefte darüber seine Partnerschaft mit dem US-Konkurrenten in diesem Bereich. Und das falsche Pferd scheint das nicht gewesen zu sein: Bei der Messe Auto Shanghai 2021 ab Mitte April stellten zwar bereits reichlich Startups und etablierte Anbieter neue Lidar-Lösungen und -Pläne vor. Anfang Mai aber präsentierte Argo ein System, das nach seiner Darstellung die letzten technischen Hindernisse für autonome Liefer- und Taxi-Dienste überwindet. Mit 400 Metern soll es weiter blicken als jedes andere verfügbare Auto-Lidar und mit ultrahoher Auflösung kameraähnliche 3D-Bilder liefern.
Ein solches Super-Lidar auf dem Dach sowie möglicherweise weitere (oder Kameras) an den Ecken sollen dem geplanten E-Bulli als autonomem Taxi den nötigen Laser-Blick geben, wie einer Skizze in der Moia-Mitteilung zu entnehmen ist. In ausgewählten Städten könnten sich Kunden laut VW damit ab 2025 zum Ziel bringen lassen, später seien auch Liefer-Dienste geplant.
Für Privatleute aber scheint Volkswagen ganz anders als Tesla noch keinerlei echten Autonomie-Pläne zu haben: Laut einem Bericht des Tech-Portals T3N sagte der zuständige Vorstand, die Pkw-Sparte entwickele eine eigene Lösung in der IT-Tochter Cariad, strebe damit aber vorerst nur Level 3 an. Das bezeichnet ein System, das unter definierten Bedingungen selbstständig fahren, aber die Person am Steuer bei Problemen zurück in die Verantwortung rufen kann. Die höchste Stufe Level 5 steht für autonomes Fahren unter allen menschenmöglichen Umständen. Der Tesla-Autopilot mitsamt der neuesten Beta-Version FSD wird derzeit als Level 2 betrachtet, also als teilautomatisches Assistenzsystem, das Fahraufgaben übernimmt, aber noch keine Verantwortung dafür. VW und Argo AI sind mit angestrebtem Level 4 dazwischen: Das Auto fährt autonom, und wo es nicht zurechtkommt, begibt es zumindest noch selbsttätig in einen sicheren Zustand.