Der Tesla-Stand auf der Messe Auto Shanghai 2021 erfreute sich laut Beobachtern auch nach dem folgenreichen Protest einer Kundin auf dem Dach eines Model 3 großen Andrangs, doch die Hallen waren auch sonst voller Elektroautos. Mehrere davon sollen dem Ziel vom autonomen Fahren schon näher kommen als Tesla, fast alle mit der von CEO Elon Musk verschmähten Lidar-Technologie. Im zweiten Teil seines zuerst auf medium.com veröffentlichten Messe-Überblicks berichtet Lei Xing, früherer Chefredakteur von China Automotive Review, über das Rennen um die Kommerzialisierung.
Lidar, Lidar und nochmal Lidar: Auto Shanghai 2021 (2/3)
Von Lei Xing
Sie haben richtig gelesen. Bei der Messe in China und auch sonst in diesem Jahr wird sich alles um Lidar drehen. Diese Sensoren sind keine teure Zukunftsmusik mehr, sondern werden in mehreren Modellen über die kommenden 12-18 Monate zur Standard-Ausstattung. Autonomes Fahren in Städten könnte so zur Realität werden. Der Xpeng P5 hat Lidar von Livox, einem Spin-Off des Drohnen-Herstellers DJI. Der Arcfox alpha-S HI ist mit dem ersten Huawei-Lidar ausgestattet, der Nio ET7 mit einem von Innovusion, einem kalifornischen Startup. Das Konzeptauto ES33 von der Highend-Marke R-Auto von SAIC Motor bekommt Lidar-Sensoren von Luminar. DJI und das chinesische Startup Robosense wollten auf der Messe ihre neuesten Lidar-Angebote für den Automotive-Bereich vorstellen.
Interessant daran ist, dass all diese Marken Lidar-Startups als Partner gewählt haben statt traditioneller Anbieter wie Velodyne. Die Beziehungen hinter diesen Partnerschaften sind wichtig, weil Lidar-Technologie billiger wird, leichter verfügbar und Teil des Wertversprechens vieler intelligenter Elektroautos. Abzuwarten bleibt trotzdem noch, ob die neuen Elektroautos ihrem Versprechen von autonomem Fahren in der Stadt wirklich gerecht werden.
Ein Huawei-Video, in dem ein Arcfox alpha-S mit Lidar und der Autonomous Driving Solution (ADS) des Partners erfolgreich durch städtische Straßen navigiert, fand virale Verbreitung. Wenig später kam Baidu mit der Vorführung in einem WM Motor W6; hier heißt das System Apollo Navigation Pilot (ANP), und mit der rein kamerabasierten Lösung kam auch dieses Elektroauto in der Stadt zurecht. Auch der Xpeng P5 soll dazu in der Lage sein, wenn in diesem Jahr das Update auf Xpilot 3.5 OTA kommt.
Eindeutig hat das Rennen um die Kommerzialisierung hochmoderner Systeme für autonomes Fahren vor allem in städtischen Umgebungen begonnen. Und eindeutig sind lokale Anbieter führend dabei.
Mehr über Huawei
Huawei verdient eine nähere Betrachtung, weil das Unternehmen plötzlich in der Szene erschienen ist und dabei viele der traditionellen Tier-1-Zulieferer bei Konnektivität und autonomem Fahren aus dem Feld geschlagen hat. Erst vor zwei Jahren gab es Pläne bekannt, als „Mehrwert“-Zulieferer in die Auto-Industrie einzusteigen. Das Ziel sollte nicht sein, eigene Autos zu produzieren, sondern deren Herstellern zu besseren Produkten zu verhelfen.
Inzwischen bietet Huawei das Betriebssystem HarmonyOS, Hardware, Software und vertikale Integration in vielen Bereichen der Lieferkette. Viele in der Branche waren davon überrascht. Vor kurzem hat das Unternehmen noch einmal bekräftigt, selbst keine Autos produzieren zu wollen. Bestes Beispiel für einen Partner ist Arcfox, und bald kommen Chang’an und GAC Group dazu, wobei die Zusammenarbeit tiefer und enger ist als bei anderen Zulieferer-Beziehungen.
Huawei Inside oder kurz HI soll zu einer Unter-Marke werden, die auf verschiedenen neuen Modellen in den kommenden Monaten zu finden sein wird. Also wird die traditionelle Abgrenzung zwischen bloßem Zulieferer und Hersteller unschärfer – und traditionelle Tier-1-Riesen wie Bosch, Conti und Denso dürften ins Schwitzen geraten.