Elektroautos von Tesla werden inzwischen in drei Fabriken im Westen gebaut – im Stammwerk Fremont in Kalifornien ebenso wie in der neuen Gigafactory in Texas und der deutschen bei Berlin. Alle drei zusammen aber dürften derzeit weniger produzieren als die einzige Tesla-Gigafactory in China, die im August mit 76.605 Model 3 und Model Y einen weiteren Rekord aufstellte. Mindestes bis Ende dieses Jahres dürfte sie vor den drei anderen bleiben, doch über die kommenden zwölf Monate sieht ein bekannter Analyst die China-Abhängigkeit von Tesla abnehmen.
Preis-Druck bei Elektroautos in China
Die weitere Erhöhung der Kapazität der chinesischen Fabrik auf nach Berichten mehr als 1,1 Millionen Model 3 und Model Y pro Jahr wurde erst in dieser Woche als offiziell abgeschlossen gemeldet. Für Oktober ist deshalb ein weiterer Anstieg der Produktion zu erwarten. Nachdem sich die lokalen Lieferzeiten zuletzt bereits deutlich verkürzt haben und Tesla jetzt rund 1100 Euro Anreiz für Auslieferungen vor Ende September anbietet, wäre zudem eine baldige Preis-Senkung in China keine Überraschung mehr.
Denn laut einer aktuellen Kurzstudie von Adam Jonas bei Morgan Stanley spürt derzeit nicht nur Tesla Druck auf die Preise, sondern auch eine Reihe von chinesischen Herstellern mit zunehmend interessanten Elektroautos. Manche davon wie Xpeng hätten schon begonnen, Rabatte in vierstelliger Dollar-Höhe einzuführen, von Tesla und anderen sei ebenfalls noch mehr zu erwarten. Nach der Einschätzung von Jonas würde das auch auf Kosten von Premium-Verbrennern ausländischer Marken gehen, die durch die Elektroauto-Konkurrenz zu stärkeren Nachlässen gezwungen werden könnten.
New Adam Jonas note: We believe $TSLA is passing through its 'peak China' dependency over next 12 months. Capacity growth in US & Europe will be paired with far higher levels of vert integration, turbo-charged by tax incentives & prod subsidies where Tesla is uniquely advantaged. pic.twitter.com/Ud6GeQW7Kx
— Sawyer Merritt (@SawyerMerritt) September 19, 2022
Für Tesla selbst erwartet Jonas, dass das Unternehmen den Höhepunkt seiner Abhängigkeit von China in den kommenden zwölf Monaten überschreiten wird. Mit 62 Prozent Anteil an den globalen Elektroauto-Auslieferungen im bisherigen Jahresverlauf ist das Land nach seinen Angaben bislang der mit Abstand wichtigste Markt der Welt. Bei Tesla aber stehe jetzt Kapazitätswachstum in den USA und Europa mit deutlich mehr vertikaler Integration an, massiv unterstützt von neuen Steuer-Anreizen, heißt es in dem auf Twitter veröffentlichten Kommentar.
Tesla soll aus Abhängigkeit herauswachsen
Weniger Tesla-Abhängigkeit von China bedeutet laut dem Analysten allerdings nicht, dass der dortige Elektroauto-Markt schrumpfen würde – im Gegenteil zitiert er eine Prognose, laut der sich das Volumen bis 2027 auf 799 Milliarden Dollar vervielfachen wird. Doch für den Rest dieses Jahrzehnts sagt Jonas zugleich eine „rapide Industrialisierung von Tesla-Lieferketten in NAFTA und EU“ voraus, angetrieben vom Inflation Reduction Act der USA mit hohen Subventionen für nordamerikanische Produktion und möglichen europäischen Reaktionen darauf. Auf diese Weise werde es auf eine ganz natürliche Weise zu einer Verwässerung der Bedeutung von China als Absatz-Markt und Zulieferer-Land kommen. Wachsen soll es also weiter – aber für Tesla aufgrund von noch mehr Wachstum im Westen relativ gesehen eine weniger wichtige Rolle spielen.