Drei Batterie-Hersteller, ein großer Chip-Produzent, Lieferanten für Anoden und Kathoden sowie große Elektronik-Firmen – dieses Elektroauto-Ökosystem in Südkorea führten Beobachter als Vorteil an, als Ende Oktober bekannt wurde, dass Tesla möglicherweise eine Gigafactory in dem Land bauen möchte. Allerdings hat es in Form starker und teils sogar militanter Gewerkschaften auch einen gravierenden Nachteil, und Tesla-Chef Elon Musk hat sich dieser Form der Arbeitsorganisation gegenüber bislang ablehnend gezeigt. Aber nicht nur für ihn will Präsident Yoon Suk-yeol die Gewerkschaften zähmen.
Elektroauto-Ökosystem mit Handelsabkommen
Möglicherweise war Musk nur höflich, als er nach dessen anschließender Mitteilung von Yoon in einer Video-Konferenz (s. Foto oben) auf Tesla-Investitionen angesprochen wurde und darauf antwortete, das Land sei in Asien einer der Top-Kandidaten dafür. Doch mehr Fabriken weltweit plant Tesla nach seinen Angaben tatsächlich, und nur wenige Standorte bieten eine so entwickelte Infrastruktur. Für Tesla wäre Südkorea somit nicht unlogisch, zumal ein Freihandelsabkommen dafür sorgen könnte, dass dort produzierte Batterien und Elektroautos Subventionen in den USA bekommen.
Auch die Arbeitskultur Südkoreas dürfte laut einem Bloomberg-Newsletter gut zu Tesla und Musk passen – jedenfalls zum Teil. Die Zahl der Arbeitsstunden dort soll höher sein als in den USA und jedem anderen OECD-Land in Asien und nur ein einstelliger Prozentsatz aller Beschäftigten von zuhause aus arbeiten. Auf der anderen Seite steht das geopolitische Risiko durch den Nachbarn Nordkorea.
Zudem mag die Bevölkerung des Südens normalerweise viel arbeiten, doch sie streikt auch viel und nicht immer legal. Zuletzt zum Beispiel blockierten Lastwagen-Fahrer Häfen und Industrie-Komplexe, um ihre Forderung nach garantierten Fracht-Mindestpreisen durchzusetzen. Südkorea habe mit die stärksten Gewerkschaften der Welt, sagte ein Professor der Kookmin University in Seoul zu Bloomberg. Die Wahrscheinlichkeit dafür, dass Tesla in dem Land eine Gigafactory baut, bezifferte er deshalb auf „null“.
Tesla soll Rechtsstaatlichkeit bekommen
Präsident Yoon ist sich dieses Problems allerdings durchaus bewusst. Der Agentur Reuters sagte er nach seiner Konferenz mit dem Tesla-Chef, er werde maßgeschneiderte Anreize für die Gigafactory-Ansiedlung anbieten und Risiken durch militante Gewerkschaften minimieren. Laut dem Bericht lobte sich Yoon selbst dafür, mit einer harten Reaktion auf Streiks in diesem Jahr einen Prozess begonnen zu haben, der zur Einhaltung von Arbeitsgesetzen auf beiden Seiten führen werde. Diese Rechtsstaatlichkeit herzustellen, sei das Ziel seiner Politik, habe er Musk gesagt.