Elektroautos sind gefragt – und können dabei zumindest im Westen offenbar ruhig teuer sein. So hat Tesla trotz mehrerer Preis-Erhöhungen in diesem Jahr bis September die Spitze bei den elektrischen Neuzulassungen von der Marke Volkswagen zurückerobert, und kaum hatte am Dienstag Rolls-Royce sein erstes Elektroauto Spectre zu Preisen oberhalb von 300.000 Euro vorgestellt, war schon von hunderten Bestellungen die Rede. Doch für den Chef von BMW, seit 1998 im Besitz der britischen Traditionsmarke, ist die aktuelle Batterie-Begeisterung nur eine vorübergehende Erscheinung: Als Nächstes sollen Wasserstoff-Autos in Mode kommen.
Rolls-Royce-Elektroauto mit mäßiger Reichweite
Der Mitgründer Charles Rolls habe schon im Jahr 1900 eine elektrische Zukunft für motorisierte Wagen vorhergesehen, schreibt die heutige BMW-Tochter in einer Presse-Mitteilung zur Vorstellung ihres ersten Elektroautos Spectre. Darin wird es als Superluxus-Coupe und spiritueller Nachfolger des Phantom bezeichnet. Laut der Mitteilung zeigt der Spectre, dass Rolls-Royce perfekt geeignet für Elektrifizierung ist, und bildet den Auftakt zu einem rein elektrischen Zeitalter der Marke.
Mit Sir Henry Royce wird auch der zweite Namensgeber der Marke zitiert – mit der Aussage, man solle bei allem, was man tut, nach Perfektion streben. Laut dem heutigen Rolls-Royce-CEO Torsten Mller-Ötvös ist das beim Spectre gelungen: Das Elektroauto sei für ihn das bislang perfekteste Produkt des Unternehmens, sagte er anlässlich der Vorstellung.
Die finalen Daten werden laut der Mitteilung noch abgestimmt, doch Rolls-Royce nennt bereits eine voraussichtliche Beschleunigung auf 100 km/h innerhalb von 4,4 Sekunden – nicht schneller als das mittlere Tesla Model 3 und langsamer als die Performance-Version auch des Model Y. Solche Vergleiche dürften für Fahrer in der Rolls-Klasse keine Rolle spielen, aber schwerer wiegt vielleicht die ebenfalls nur mäßige Reichweite: Der Spectre soll nach WLTP 520 Kilometer schaffen. Das ist heute nur noch obere Mittelklasse. Das Tesla Model S kommt nach neuen Daten 634 WLTP-Kilometer weit, der luxuriöse Mercedes EQS sogar mehr als 700 Kilometer.
Hunderte Bestellungen für teuren Spectre
Dennoch hat Rolls-Royce laut einem Bericht von CNBC bereits hunderte Vorbestellungen für den Spectre, der ab Ende 2023 zu Kunden kommen soll. Allein gut 300 aus den USA sollen darunter sein – wurden aber nicht alle in den Stunden seit der Vorstellung aufgegeben, sondern in den zwei Wochen zuvor bei privaten Terminen für Interessierte. Der US-Startpreis soll bei 413.000 Dollar liegen.
Im Jahr 2030 soll das gesamte Angebot von Rolls-Royce rein elektrisch sein, wird in der Mitteilung zum Spectre wiederholt. Wenn man liest, was BMW-Chef Oliver Zipse vorher Journalisten sagte, sind damit allerdings nicht unbedingt nur noch Batterie-Elektroautos mit der berühmten Emily-Figur auf dem dann nicht mehr nötigen Kühler-Grill gemeint.
Denn auch bei Rolls-Royce scheint weiter das Gebot der Technologie-Offenheit zu herrschen, das der Eigentümer BMW anders als die meisten anderen etablierten Auto-Hersteller noch nicht aufgegeben hat. Hartnäckig wird dort auch von Wasserstoff-Autos gesprochen und daran gearbeitet. So soll in diesem Jahr eine Kleinserie eines BMW iX5 mit Brennstoffzellen-Antrieb produziert werden und 2025 möglicherweise eine größere folgen. Und kurz bevor Rolls-Royce in seiner Zentrale in Goodwood den Spectre zeigte, erklärte Zipse dort Wasserstoff zum nächsten heißen Trend.
BMW-Chef: Wasserstoff wird nächster Trend
Wenn die Technologie skalierbarer sei, werde „Wasserstoff das Hippste sein, was man fahren kann“, sagte der BMW-Chef laut einem Bericht bei The Detroit News in Goodwood. Dies werde der nächste Trend nach der zunehmenden Verbreitung von Batterie-Elektroautos sein. In Europa allein auf einen Antrieb zu setzen, sei in vieler Hinsicht ein gefährlicher Weg – „für die Kunden, für die Branche, für das Klima“. Und tatsächlich schloss auch der ebenfalls anwesende CEO der Tochter einen Rolls-Royce mit Brennstoffzelle nicht aus: Es gebe im Konzern den Glauben, dass darin möglicherweise die Zukunft liegt, sagte er laut Detroit News.