Bild: Transport & Environment
Eine Kurs-Verdoppelung bei dem jungen US-Unternehmen Nikola, das ähnlich wie Tesla elektrische Pickups und Lastwagen – aber mit Wasserstoff-Brennstoffzelle zusätzlich zum Akku – auf den Markt bringen will, sorgte vergangene Woche für Aufregung. Nikola-Gründer Trevor Milton sieht sich auf derselben sauberen Mission wie Elon Musk, der Tesla-Chef selbst aber und viele seiner Anhänger lehnen mindestens den Wasserstoff-Teil dieser Pläne ab. Eine dazu gezeigte Grafik zu dessen unterlegener Effizienz bei Elektroautos erreichte auch den deutschen Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach. Doch als er darauf verwies, bekam er auf Twitter viele bekannte Argumente gegen Akkus und für Wasserstoff zu hören.
Tesla-Blog zeigte Grafik zuerst
Das SPD-Mitglied Lauterbach ist Doktor der Medizin und lehrte als Professor Gesundheitsökonomie an den Universitäten Köln und in Harvard. Mit gut 200.000 Followern ist er außerdem überdurchschnittlich beliebt oder jedenfalls gefragt auf Twitter. Normalerweise und erst recht in der aktuellen Coronavirus-Pandemie äußert er sich dort zu Gesundheitsfragen und -politik. Am Samstag aber veröffentlichte er ohne erkennbaren Anlass eine Grafik mit dem Titel „Autos: Batterieelektrisch mit Abstand am effizientesten“ und erklärte, die CO2-Bilanz von Batterie-Pkw für „unschlagbar“. Jedenfalls gelte das für „einfache und kleine“, also wohl unterhalb der bisherigen Tesla-Klasse.
Die Grafik hat schon ein paar Jahre auf dem Buckel. Sie stammt von der Umwelt-Organisation Transport & Environment (T&E) und wurde von ihr erstmals im August 2017 veröffentlicht. Der Tesla-nahe Blog Cleantechnica griff sie jetzt wegen der Diskussionen um Teslas Wasserstoff-Konkurrenten Nikola wieder auf, und außer von mehreren Twitter-Nutzern aus dem Tesla-Dunstkreis wurde sie dann auch von Lauterbach weiterverbreitet. Ihre Botschaft ist deutlich: Von 100 Prozent erneuerbarem Strom bleiben bei Wasserstoff 30 Prozent übrig, bis er zu Antrieb auf der Straße wurde, bei Batterie-Elektroautos sind es 77 Prozent.
Die Graphik zeigt noch einmal, wie viel besser der Energie-Wirkungsgrad von Lithiumbatterie E-Autos ist. 3-5 mal so gut wie beim Diesel oder Wasserstoffauto. Die Energieeffizienz und C02 Bilanz von einfachen, kleinen batteriegetrieben Autos ist unschlagbar. Zeit für die Wende pic.twitter.com/KHARklRErt
— Prof. Karl Lauterbach (@Karl_Lauterbach) June 13, 2020
Zumindest die deutschen Auto-Konzerne Daimler und Volkswagen haben sich inzwischen von der Entwicklung von Wasserstoff-Autos so gut wie verabschiedet und sind mehr oder weniger auf Elektroauto-Kurs nach Tesla-Art. Doch die Diskussion unter Lauterbachs Effizienz-Beitrag verlief deutlich negativer als vorher unter der Cleantechnica-Meldung. So kommentierte Tesla-CEO Musk persönlich den US-Beitrag: „Genau“, schrieb er dazu, „fuel cells = fool sells“, also ungefähr „Brennstoffzellen = Idioten-Marketing“.
Elektroauto-Aufklärung gebraucht
Selbst ein Diesel könne mit Elektroautos „locker mithalten“, wenn man den Wirkungsgrad bei der Gewinnung von Strom zum Beispiel aus Wind beachte, machte dagegen ein deutscher Nutzer eine neue Front bei Lauterbach auf, hatte aber außer der Angabe 45 Prozent keine konkreten Daten dazu. Mehrfach kam auch das Argument, der Strom für Elektroautos sei viel zu fossil, als dass sie als klimafreundlich gelten können – dazu zitierte ein Nutzer aber einen aktuellen Beitrag aus teslamag.de, laut dem ein Model 3 nach Tesla-Daten schon beim heutigen US-Strom-Mix 60 Prozent weniger CO2 bedeutet als ein durchschnittlicher Verbrenner aus derselben Klasse.
Außerdem wurde mehrmals auf das angeblich fehlende Akku-Recycling, Brandgefahr und Rohstoff-Mangel hingewiesen. All das sind wichtige Themen, bei denen gewiss noch Fortschritte nötig und auch möglich sind, aber sie sind in der Branche wohlbekannt und werden bearbeitet. Mindestens unter den Lauterbach-Followern scheint also nicht nur Aufklärung nicht nur zum Coronavirus gebraucht zu werden, sondern auch über Elektroautos und Tesla.