Wenn irgendwo auf der Welt ein Elektroauto gebrannt hat und wieder einmal viel darüber berichtet und diskutiert wird, kommen manchmal Feuerwehren oder andere Experten zu Wort, die erklären, Batterie-Mobile würden nicht etwa häufiger brennen als konventionelle Fahrzeuge. Systematische Statistiken aber gibt es dazu bislang kaum, und so fand Ende Januar eine Veröffentlichung große Beachtung, die Freunden von Elektroautos in die Hände spielt: Nach Zahlen von US-Behörden soll bei reinen E-Fahrzeugen das Brand-Risiko Dutzende Male niedriger sein als bei Verbrennern und erst recht bei Hybriden – sogar Tesla-Chef Elon Musk nahm das erfreut zur Kenntnis. Doch laut einem Experten ist die gefeierte Daten-Auswertung voller Fehler.
Aussagen zu Elektroauto-Bränden nicht gedeckt
Am 21. Januar erschien bei dem US-Portal AutoinsuranceEZ ein Artikel, in dem es laut der Überschrift um „Brände bei Verbrenner- vs. Elektroautos“ mit Daten von 2021 geht. Er versprach also nicht nur eine Statistik zu dem Thema, sondern sogar eine sehr aktuelle. Und auch die konkreten Ergebnisse klangen spektakulär: Bei Elektroautos habe es pro 100.000 Stück nur 25,1 Brände gegeben (in welchem Zeitraum, wird im Text nicht mehr erwähnt), bei Autos nur mit konventionellem Antrieb dagegen 1530 und bei Hybriden sogar 3474 solcher Fälle. Das wäre eine spektakulär bessere Quote – ein 61-mal geringeres Feuer-Risiko gegenüber Verbrennern und sogar 138-mal niedriger als bei Hybrid-Fahrzeugen.
Über diese Angaben in dem sachlich geschriebenen Beitrag mit Links zu den Daten-Quellen wurde an den Tagen darauf auch in Deutschland viel berichtet. Auf einen Twitter-Hinweis auf einen dieser Artikel reagierte sogar Tesla-Chef Musk. Er machte sich die Ergebnisse zwar nicht direkt zu eigen, zeigte sich aber erfreut und hatte eine Theorie dazu: Nachdem jetzt auch die großen Auto-Werbekunden Elektroautos anbieten würden, sei mit weniger Medien-Berichten über Brände damit zu rechnen. Zu diesem Zeitpunkt wurde allerdings auch schon diskutiert, ob die Ergebnisse des Beitrags denn stimmen könnten.
Jeez, where to start?
This "study" does basically everything wrong. Short thread.https://t.co/9CXxAccnQy— Robbie Andrew (@robbie_andrew) January 30, 2022
Spätestens etwa zehn Stunden nach der Unterstützung durch den Tesla-Chef wurde dann eigentlich klar, dass dem nicht so ist. Mit den Worten „Jesus, wo soll ich anfangen?“ begann @robbie_andrew auf Twitter, die vermeintliche Studie auseinanderzunehmen – laut seinem Profil ist er Klima-Wissenschaftler in Norwegen, also des Verbrenner-Lobbyismus wohl unverdächtig. Kurz gesagt scheint sich das Versicherungsportal bei seiner gefeierten Daten-Auswertung nach seinen Nachforschungen gewaltig verhoben zu haben.
Der wohl grundlegendste Fehler laut @robbie_andrew: Statt nur Brände bei Autos mit den verschiedenen Antriebsarten in den US-Daten (die im Übrigen aus den Jahren 2013-2017 stammen) zu berücksichtigen, verwendeten die Autoren die Zahlen zu den tödlichen Unfällen damit – mit oder ohne Feuer. Dass zu den Hybriden auch Fahrzeuge gezählt wurden, die einen höheren Ethanol-Anteil im Motor vertragen, und zu den Elektroautos auch Brennstoffzellen-Fahrzeuge, ist im Vergleich dazu fast zu vernachlässigen. Hinzu kommt laut @robbie_andrew aber noch etwas Gravierendes: AutoinsuranceEZ habe zur Ermittlung der relativen Häufigkeit die ohnehin schon nicht korrekten Zahlen zu den Bränden innerhalb von fünf Jahren ins Verhältnis zu den Verkäufen nur in 2018 gesetzt, wie er für Elektroautos und Hybride nachrechnete.
Tesla mit Daten nur zur eigenen Marke
Die Ergebnisse kann man also getrost vergessen, und stellen sie auch keine „Studie“ dar, wie sie in viele Berichten auch in Deutschland und noch in dieser Woche genannt wurden. Natürlich ist damit auch keineswegs das Gegenteil bewiesen, sondern schlicht gar nichts. Einstweilen bleiben so die Tesla-Angaben zur relativen Brand-Häufigkeit bei Elektroautos nur der eigenen Marke in den USA. Daten bis 2021 wurden noch nicht veröffentlicht, aber für den Zeitraum 2012 bis 2020 meldete Tesla zuletzt ein Feuer pro 205 Millionen gefahrene Meilen gegenüber 19 Millionen Meilen bei Verbrennern.