Die Elektroautos von Tesla haben den Markt in vielerlei Hinsicht in Bewegung gebracht. Zum Beispiel dürften sie dazu beigetragen haben, dass die EU ab dem vergangenen Jahr CO2-Vorschriften mit hohen Strafgeldern für zu hohe Emissionen in Kraft setzte, die sich ohne Elektroauto-Unterstützung kaum vermeiden lassen. Gleichzeitig versuchen die etablierten Hersteller nach Kräften, auch den CO2-Ausstoß ihrer Verbrenner-Modelle zu minimieren. Laut einer Studie greifen sie dafür unter anderem zu kleineren Rad-Größen. Doch laut einer anderen Untersuchung verstärken auf der anderen Seite Elektroautos den Trend zu weniger effizienten Fahrzeugen im SUV- oder Crossover-Format.
Elektroautos sind nach Norm immer sauber
Mit den strengeren EU-Regeln geht eine Umstellung bei der Berechnung von Norm-Verbräuchen und damit -Emissionen von NEFZ auf den WLTP-Zyklus einher. Als zusätzliche Erschwernis werden dabei laut einer Studie der Beratungsfirma Jato Dynamics die CO2-Daten auch mit Extras wie zum Beispiel größeren und breiteren Rädern berechnet. Als Folge der neuen Umstände haben die Hersteller laut Jato auf den meisten europäischen Märkten und in den meisten Klassen zum einen die Zahl ihrer Optionen verringert. Und in einigen Ländern wurde sogar schon der Trend zu (zusammen mit den Fahrzeugen selbst) immer größeren Rädern umgekehrt.
Lange Aufpreislisten waren einst wichtige Umsatzbringer für die Auto-Branche, fasst Jato Dynamics zusammen. Doch wegen höherer CO2-Werte und wegen des Aufwands, den WLTP-Verbrauch für jedes optionale Extra einzeln zu berechnen, könne sie sie sich nicht mehr darauf verlassen.
Laut den Marktforschern wirkt das zusätzlich zugunsten von Elektroautos. Die gehen in die EU-Berechnung ohnehin mit 0 Gramm Emissionen ein, die anders als der reale Strom-Verbrauch und damit die Reichweite auch durch dicke Reifen und riesige Kühlergrill-Imitate wie bei BMW nicht schlechter werden. Hier haben die Hersteller also sozusagen freie Hand, weiter oder wieder das lukrative Extras-Spiel zu betreiben. Vor diesem Hintergrund verzichtet Tesla als der erste davon wohl nur zugunsten von weniger Produktionskomplexität und damit höherem Tempo darauf.
Jedoch hat auch Tesla bislang wenig gegen den Trend zu immer größeren Autos getan, obwohl Elektroautos in bescheidenerem Format noch einmal effizienter und damit klimaschonender sein könnten. Tatsächlich aber, so geht aus einer anderen aktuellen Europa-Studie hervor, kommen Elektroautos branchenweit bevorzugt sogar in der zumindest vertikal gesehen größeren SUV- oder Crossover-Form. Auch das bedeutet bei ansonsten gleicher Technik einen höheren Verbrauch – im Vergleich Tesla Model 3 zu Model Y Long Range nach den US-Normwerten zum Beispiel um etwa 8 Prozent. Aber für die europäische CO2-Bilanz bleibt es bei der Null, also haben die Hersteller wenig Anreize, dem Drängen der Kunden nach mehr Größe zu widerstehen.
Hochformat bei Tesla wie VW bevorzugt
Wie sich das in Europa auswirkt, ist einer Kurzstudie des deutschen Auto-Analysten Matthias Schmidt zu entnehmen: 42,5 Prozent aller auf den 18 wichtigsten Europa-Märkten neu zugelassenen reinen Elektroautos waren in diesem April nach seinen Berechnungen SUV oder Crossover. Im bisherigen Jahresverlauf liege der Anteil der Hoch-Elektroautos bei etwa einem Drittel. So war der ID.4 im April schon gefragter als der flachere ID.3 auf der gleichen Plattform. Nicht Bestandteil der Schmidt-Studie, aber trotzdem interessant und passend: Im selben Monat überholte weltweit auch das Model Y von Tesla das Model 3, obwohl es in Europa noch gar nicht ausgeliefert wird.
Auch bei Elektroautos dürfte die Regel gelten, dass ihre Hersteller in Europa den WLTP-Verbrauch in allen optionalen Varianten ermitteln müssen. Den Aufwand dürften sie auch hier zu minimieren versuchen, was auf Dauer eine ähnlich begrenzte Extra-Auswahl wie bei Tesla erwarten lässt. Bei den Standard-Rädern dagegen dürfte sich die Branche nur zurückhalten, wenn sie zu sehr auf Kosten der anzugebenden Reichweite gehen. Darüber werden letztlich also eher die Kunden selbst entscheiden als wie bei Verbrennern die Hersteller mit ihren CO2-Optimierungen.