Tesla-Chef Elon Musk will nicht nur die Welt des Transports und der Energie elektrisch neu aufstellen, sondern auch die der Massen-Produktion. Die sei viele Male schwieriger als der Bau von Prototypen, hat er zuletzt häufiger erklärt, und auf lange Sicht werde der Vorteil von Tesla vor allem in diesem Bereich liegen. So nutzt das Unternehmen für das Model Y bereits riesige Druckgussmaschinen, die entsprechend große Teile aus einem Stück herstellen können und laut Musk viele Roboter einsparen. Tesla-Analysten haben sich mit diesen so genannten Giga-Pressen jetzt näher beschäftigt – und erwarten, dass sie in der Elektroauto-Produktion weite Verbreitung finden werden.
Unbeliebte Firma analysiert Tesla
Mitarbeiter von Bernstein Research, also des Analyse-Arms des Vermögensverwalters AllianceBernstein, dürften bei Musk weiterhin nicht sehr beliebt sein. Einer von ihnen hatte den Tesla-Chef bei einer Telefonkonferenz im Mai 2018 mit „langweiligen Blödmann-Fragen“ so verärgert, dass er ihm das Wort abschnitt. Und vor kurzem hat Bernstein sein Tesla-Kursziel zwar fast verdoppelt, doch mit 300 Dollar liegt es weiter weit unter dem aktuellen Kurs um 800 Dollar.
Ungeachtet der Musk-Zurückweisung gehen die Bernstein-Analysten ihrer Arbeit nach – und tatsächlich bekam ihr oberster Tesla-Beobachter Toni Sacconaghi in neueren Konferenzen auch Antworten vom CEO. In einer neuen Studie haben sie sich laut einem Bericht jetzt die Druckguss-Technologie von Tesla angesehen. Darin kommen sie auf der einen Seite zu dem Ergebnis, dass der Einsatz von Giga-Pressen nicht so revolutionär ist, wie Musk gelegentlich sagt. Trotzdem aber erwarten Sacconaghi und sein Kollege Jay Huang, dass solche Maschinen bis 2030 bei 50 Prozent aller produzierten Elektroautos verwendet werden.
https://twitter.com/SawyerMerritt/status/1447604629076856838
Derzeit setzt Tesla Giga-Pressen in seinen Werken in China und Fremont in Kalifornien ein, um unter Druck den hinteren Teil des Rahmens für Model Y zu gießen; beim Model 3 wird er noch aus etwa 70 Einzelteilen zusammengestückelt, was offensichtlich aufwendiger und ungenauer ist. Beim Model Y aus den neuen Gigafactorys bei Berlin und in Texas soll auch die vordere Rahmen-Hälfte aus Giga-Pressen kommen. Das und das dazwischen liegende Akku-Element mit den eigenen 4680-Zellen als mittlerem Teil der tragenden Struktur bezeichnete Musk wahlweise als Revolution oder Transformation im Fahrzeug-Bau (das Foto oben zeigt eine der acht geplanten Giga-Pressen in der deutschen Fabrik).
„Giga-Pressen für 50% aller Elektroautos“
Und auf gewisse Weise geben die Bernstein-Analysten Musk sogar Recht. Giga-Pressen seien zwar nicht so revolutionär, wie Tesla behaupte, heißt es laut Twitter-Auszügen in ihrer Studie. Trotzdem würden sie klare Vorteile gegenüber traditioneller Montage bieten. Aus diesem Grund dürften Giga-Pressen auch bei anderen Herstellern eingeführt werden, schreiben die Banker. Gut geeignet seien sie für hinreichend komplizierte Teile und Fahrzeuge mit hohem Aluminium-Anteil. So ergibt sich die Bernstein-Prognose, dass 2030 jedes zweite neue Elektroauto Teile aus einer Giga-Presse wie bei Tesla haben soll.
Als derzeitige Ersparnis beim Model Y haben die Analysten 56 Kilogramm oder 3 Prozent beim Gewicht und 0,3 Prozent bei den Kosten berechnet. Wenn Tesla auch die Front seines Crossovers und weitere Teile am Stück gießt, sollen sich diese Vorteile jeweils verzwei- bis verdreifachen. Damit ergibt sich maximal 1 Prozent Einspar-Potenzial bei den Kosten. Dass die Bernstein-Banker trotzdem mit einer starken Verbreitung der Technologie rechnen, lässt erkennen, wie begehrt solche möglichen Margen-Verbesserungen in der Auto-Industrie sind.