Bild: Nikola
Nach einer fulminanten ersten Börsen-Woche Anfang Juni ist die Aktie von Nikola Corporation, die sich nicht nur beim Namen an Tesla anlehnt, mittlerweile auf Kurse um die 30 Dollar zurückgefallen. Zum Missfallen vieler Tesla-Fans hatte Nikola-Gründer Trevor Milton vorher mit Ankündigungen zu einem Wasserstoff-Lastwagen mit mehr Reichweite als der Tesla Semi und einen Pickup ebenfalls mit Brennstoffzelle auf Unternehmen und Aktie aufmerksam gemacht. Vergangene Woche feierte Nikola sogar schon den ersten Spatenstich für seine Truck-Fabrik im US-Bundesstaat Arizona. Doch ein paar Tage später wollte sich eine Twitter-Nutzerin dort auf den neuesten Stand bringen – und von Bau-Arbeiten war nichts zu sehen.
Tesla-Fans sehen genau hin
Als „global führendes Transport-Unternehmen bei Emissionsfreiheit und Infrastruktur-Lösungen“ sei man der Realisierung der Fabrik in Coolidge soeben einen Schritt näher gekommen, teilte Nikola am vergangenen Mittwoch mit. Denn am selben Tag habe eine „offizielle Spatenstich-Feier“ auf dem Gelände stattgefunden. Dazu veröffentlichte Bilder zeigen eine Bühne mit riesigem Bildschirm, aufgebaut in einem Zelt mit Nikola-Logo. Bei Reden sind Gründer Milton und CEO Mark Russell zu sehen. Sie und alle Gäste tragen Mund-Nasen-Schutz. Auf einem Foto haben die beiden Männer und zwei weitere Schaufeln in der Hand, die sie in den braunen Boden stechen, im Hintergrund steht auf einem anderen eine große Walze bereit.
Kritische Tesla-Fans auf Twitter hatten allerdings zuvor herausgefunden, dass Nikola noch gar keinen Bau-Antrag für seine Fabrik in Arizona eingereicht hat. Gründer Milton wollte das wegwischen, aber vielleicht deshalb war in der Presse-Mitteilung zu dem Ereignis nicht direkt von einem ersten Spatenstich und Bau-Beginn die Rede, sondern nur von der „offiziellen Feier“ dazu. Ein weiterer Tesla-Twitterer erwähnte, die kleingedruckten Risiko-Hinweise am Ende der Mitteilung seien länger als der eigentliche Text, wobei er sich aber verzählt zu haben scheint.
Deutlich aber war das Ergebnis einer Besichtigung durch @jessica_kirsh, die laut ihrem Twitter-Profil die Projekte von Tesla- und SpaceX-Chef Elon Musk liebt. In Kurzform auf Twitter und länger auf YouTube veröffentlichte sie am Dienstag ein Video von ihrer Fahrt zu der Adresse des Nikola-Grundstücks. Es sei recht abgelegen, berichtet sie auf dem Weg dorthin, aber weil sie in der Nähe vorbeigekommen sei, habe sie den Abstecher gemacht – übrigens nicht in einem Tesla.
Anders als bei Tesla-Gigafactory
Minutenlang fährt die Twitter-Reporterin durch leere Landschaften, an deren Straßen aber, wie sie anmerkt, immerhin Strom-Masten stehen – „gut für eine Elektroauto-Fabrik“. Am eigentlichen Ziel aber ist keine solche Infrastruktur mehr zu sehen, und auch sonst tatsächlich nichts, wenn man von zwei kurzen Reihen aus niedrigen Holz-Pfosten absieht, die noch von der Feier stammen könnten. Einige Meter dahinter findet @jessica_kirsh sogar zwei rechteckige Erd-Haufen, die ähnlich aussehen wie die auf den Nikola-Fotos von vergangener Woche. Von Bau- oder sonstigen Maschinen sowie -Arbeitern dagegen keine Spur.
Nikola-Gründer Milton stellt sich mit Blick auf Mission wie Fähigkeiten gern in eine Reihe mit Tesla-Chef Elon Musk, doch dessen Fans nehmen ihm beides nicht ab. Das aktuelle Video dürfte ihn jedenfalls nicht glaubwürdiger gemacht haben. Denn Musk geht schließlich ganz anders vor: Bei der Gigafactory in Deutschland gab es gar keinen offiziellen Spatenstich. Stattdessen begannen Ende Mai ganz unfeierlich mehrere Bagger mit Boden-Arbeiten für Tesla, sobald die Brandenburger Landesregierung Tesla die nötige Vorab-Genehmigung für erste Fundamente erteilt hatte.