Update: Tesla hat sich mittlerweile zu diesen Vorfällen geäußert.
Der Daily Kanban hat vor zwei Tagen einen Bericht veröffentlicht, der schwere Anschuldigungen gegen Tesla erhebt. Wie es heißt, versucht Tesla schwerwiegende Probleme an den eigenen Fahrzeugen vor der US-Verkehrsaufsicht (NHTSA) zu vertuschen. Dafür mussten einige Kunden eine sogenannte „Kulanz-Vereinbarung“ unterschreiben, mit der sie bestätigten, die Probleme nach Reparatur nicht zu melden.
Das Ganze begann mit einem Thema im Forum Tesla Motors Club, bei dem es um defekte Aufhängungen an älteren Model S ging. Der Themenersteller erklärt, dass die Aufhängung seines Model S aus dem Jahr 2013 mit 70.000 gefahrenen Meilen (ca. 113.000 km) bei geringer Geschwindigkeit versagte. Bei einem Besuch beim Tesla-Service stellte sich heraus, dass das Achsgelenk Spiel aufweiste, was laut Tesla-Mitarbeiter „nicht normal“ sei. Da das Fahrzeug außerhalb der Garantie war, wurde der Fall dem Management gemeldet, damit dieses ein mögliches Entgegenkommen in Betracht ziehen kann.
Laut einem anschließenden Beitrag des Themenerstellers hat Tesla sich geweigert das Problem auf Kulanz zu beheben, obwohl es sich laut Techniker um eine „nicht normale“ Abnutzung gehandelt haben soll. Einige Tage später hat sich Tesla dann erneut gemeldet und 50 Prozent Beteiligung an den Reparaturkosten in Höhe von 3.100 US-Dollar (ca. 2.700 Euro) angeboten. Dafür sollte der Kunde jedoch eine „Kulanz-Vereinbarung“ unterzeichnen (hier vom Themenersteller erwähnt und hier im Ganzen zu lesen), mit der er erklärt, die ganze Angelegenheit vertraulich zu behandeln.
Laut der Vereinbarung darf der Kunde weder über die Vereinbarung sprechen noch rechtliche Schritte gegen Tesla aufgrund der genannten Probleme einleiten. Weiter ist es dem Kunden auch nicht erlaubt, das Problem der US-Verkehrsaufsicht zu melden. Und genau dort liegt das Problem: Mit dieser Vereinbarung verstößt Tesla gegen das Recht der Kunden, solche Probleme der US-Verkehrsaufsicht zu melden. Ähnliche Vereinbarungen sind in der Automobilindustrie bisher nicht bekannt.
Der Themenersteller schrieb in einem späteren Beitrag, dass er und Tesla sich mittlerweile geeinigt haben. Er erklärte, dass er nicht darüber sprechen könne, da er eine Vereinbarung mit Tesla unterzeichnet habe. Nichtsdestotrotz hat er die Angelegenheit der US-Verkehrsaufsicht gemeldet und erhielt auch prompt eine Antwort:
Sie sagten, sie (die Achsgelenke, Anm. d. Red.) wären von schlechter Qualität und würden vorschnell versagen. Sie suchen nun weitere Beispiele oder Tests, um zu sehen, ob es ein Produktionsfehler ist oder eine schlechte Konstruktion.
Am darauffolgenden Tag veröffentlichte der Themenersteller eine E-Mail von der US-Verkehrsaufsicht, auf der er eine Antwort darauf erhält, ob die Achsgelenke denn geprüft worden wären:
Ja, die Gelenke sind nicht gut und wir suchen nach weiteren Beispielen zum Testen. Wir stehen in Kontakt mit Tesla und fordern weitere Informationen zu diesen und weiteren Bauteilen, die in der Aufhängung verbaut werden. Ich werde Sie auf dem Laufenden halten …
Aktuell kann man noch nicht sagen, wie weitreichend dieses Problem mit der Aufhängung ist. Der Daily Kanban erwähnt in seinem Bericht jedoch, dass Tesla bereits selbst im März 2015 ein sogenanntes Technical Service Bulletin (TSB) über die US-Verkehrsaufsicht veröffentlicht hat, was offenbar das gleiche Problem anspricht, dieses jedoch als „nicht sicherheitsrelevant“ einstuft. Mit einem TSB können Hersteller eine empfohlene Prozedur für eine Reparatur vorschlagen, dabei muss es sich jedoch um ein Problem handeln, welches keine Sicherheitsrisiken mit sich birgt, andernfalls wäre ein Rückruf vonnöten.
Wenn das TSB das gleiche Problem beschreibt, wie das des Kunden, dann hat Tesla einen großen Fehler gemacht. Eine defekte Aufhängung ist sehr wohl sicherheitsrelevant. Sollte diese durch qualitativ minderwertige Achsgelenke verursacht werden, also einem dem Autobauer offenbar bekanntem Problem, dann hätte laut Gesetz ein Rückruf erfolgen müssen. Ein ähnliches Vorgehen hatte im Jahr 2014 bei GM für einen Skandal gesorgt.
Im Falle von Tesla sei der eigentliche Skandal jedoch, so Daily Kanban, dass man die Kunden dazu veranlasst eine „Kulanz-Vereinbarung“ zu unterschreiben. Selbst wenn es einen legitimen Grund für eine solche Vereinbarung gäbe, hätte explizit erwähnt werden müssen, dass damit nicht das Recht eines Kunden verletzt wird, solche Probleme der US-Verkehrsaufsicht zu melden.
Dass dies kein Sonderfall war, zeigen weitere Untersuchungen des Daily Kanban. In einem anderen Thema in demselben Forum, berichtet der Themenersteller von vielerlei Problemen mit seinem Fahrzeug, die nach der Garantiezeit aufgetreten sind, darunter Kontrollverlust über das Fahrzeug oder des ABS, Probleme mit der Lenkung und weitere. Auch er musste eine „Kulanz-Vereinbarung“ unterschreiben, damit die Reparaturen durchgeführt werden konnten. Im Gegensatz zum zuvor genannten Kunden, hat dieser Kunde nichts davon gemeldet, obwohl es sich auch in diesem Fall offenbar um sicherheitsrelevante Probleme gehandelt hat.
Ein weiterer Vorfall betrifft einen Kunden eines Model X, welcher behauptet, ein defektes Fahrzeug erhalten zu haben. Er forderte Tesla auf, das Fahrzeug wieder zurückzunehmen. Dafür sollte auch er eine Vereinbarung unterzeichnen, die bei Verstoß eine Strafe von 150.000 US-Dollar vorsieht. Mittlerweile sollen sich beide Parteien geeinigt haben.