Bild: @RJScaringe (VW-CEO Oliver Blume (l.) mit Rivian CEO RJ Scaringe)
Der spektakuläre Cybertruck hat Tesla in der zurückliegenden Woche zwei Rückrufe beschert, wie sie bei dem Hersteller sonst selten sind: Wegen möglicher Probleme mit dem Scheibenwischer-Motor und einer Ladeflächen-Verkleidung brauchen alle bislang produzierten Cybertrucks eine Überarbeitung, die sich andere als in den meisten Fällen bei Tesla nicht per Software-Update erledigen lässt. Am deutschen Fabrik-Standort Grünheide wurde unterdessen die Sprengung einer alten Bombe nötig, und Tesla zahlt den Beschäftigten dort jetzt offenbar Anwesenheitsprämien. Zudem sieht die Bank Morgan Stanley ähnlich wie CEO Elon Musk enormes Potenzial in Tesla-Robotern, während die Q2-Verkaufszahlen erneut schwach ausgefallen sein dürften.
Tesla bei 1000 Cybertrucks pro Woche
Interessant an Rückrufen bei Tesla ist oft nicht die Tatsache selbst, sondern dass die Mitteilungen dazu Informationen über die Zahl bestimmter Fahrzeuge enthalten. Auf diese Weise ließ sich schon erfahren, dass von dem Sattelschlepper Semi bis Mitte 2023 wohl nur 36 Stück produziert wurden. Auch ein Cybertruck-Rückruf in diesem April enthielt in dieser Hinsicht bereits Anhaltspunkte: Damals musste eine Abdeckung auf dem Strompedal besser befestigt werden, und die US-Behörde NHTSA erwähnte, dass dafür alle 3878 bis dahin gebauten Tesla-Pickups überarbeitet werden müssen.
Das war rund fünf Monate nach den ersten Cybertruck-Auslieferungen im November 2023, ließ also eine geringere Produktionszahl erkennen. Seitdem hat sie zugenommen, ist aber noch weit von Tesla-Zielen entfernt. In den zwei neuen Rückrufen schreibt die NHTSA ebenfalls, dass davon alle bislang produzierten Exemplare bis Ende Mai erfasst seien, und nennt jeweils die Zahl von 11.688 Stück. In den etwa 8 Wochen seit dem Rückruf Anfang April wurden also knapp 8000 Cybertrucks gebaut. Bei der Hauptversammlung Mitte Juni erwähnte CEO Musk einen soeben erreichten Wochen-Rekord von 1300 Pickups, und Tesla nannte also Ziel 2500 Stück pro Woche bis Ende des Jahres.
Bombe nahe deutscher Tesla-Fabrik
Von sich aus veröffentlichte Tesla am Montag auf X ein Video, das Einblicke in den Arbeitsalltag in der deutschen Gigafactory in Grünheide bei Berlin geben soll. Demnach beginnt die Frühschicht dort um 6 Uhr mit einer Besprechnung mit der Nachtschicht, die Essen-Auswahl ist groß, die Stimmung gut, und die Beschäftigten treffen sich auch außerhalb der Arbeitszeit zu gemeinsamen Unternehmungen. Später in der Woche wurde dann bekannt, dass sich in einem Wald nahe an dem Werk eine alte Bombe befindet. Für den Samstag stand laut Berliner Morgenpost die kontrollierte Sprengung vor Ort an. Einige Betriebe im Sperrkreis sollten dafür evakuiert werden, Tesla selbst oder das nahe Camp von Gigafactory-Gegnern waren offenbar nicht betroffen.
A day at Giga Berlin pic.twitter.com/Y3PFZOXt5E
— Tesla Manufacturing (@gigafactories) June 24, 2024
Eine weitere aktuelle Nachricht aus der deutschen Tesla-Fabrik: Die dort Beschäftigten sollen zunächst testweise Prämien erhalten, wenn sie sich besonders selten krankmelden. Schon vor einem Jahr hatte der Werksleiter laut einem Handelsblatt-Bericht über zu hohe Fehlzeiten in der Gigafactory geklagt, und das neue Programm soll die Konsequenz daraus sein. Wer über ein Jahr gerechnet maximal 5 Prozent der festgelegten Arbeitszeit fehlt, erreicht demnach den höchsten Status „Gold“, der 1000 Euro Prämie bedeutet, soll der Gigafactory-Chef jetzt bei einer Betriebsversammlung angekündigt haben.
Morgan Stanley mit Optimus-Studie
Wie das Geschäft mit Elektroautos bei Tesla im zweiten Quartal 2024 gelaufen ist, dürften Anleger und andere Interessierte am Dienstag (2. Juli) erfahren. Wie es im Vorfeld aussah, werden die Verkäufe wie schon im ersten Quartal unter dem Wert von 2023 liegen – zu schlagen wären jetzt rund 466.000 Tesla-Auslieferungen aus Q2 2023, doch Analysten haben ihre Schätzungen zuletzt auf eher 420.000 Verkäufe gesenkt. Viel mehr Potenzial als das alte Kerngeschäft bieten laut CEO Musk jedoch autonomes Fahren und vor allem humanoide Roboter. Beides zusammen könne Tesla einen Börsenwert von bis zu 30 Billionen Dollar bringen, sagte er bei der Hauptversammlung Mitte Juni.
Adam Jonas in new 10 page $TSLA note: "We believe the humanoids opportunity is far bigger and faster adopting than autonomous cars & will see a greater quantum of capital behind it. @Tesla is at the epicenter of the theme. Investors may need to add new tabs to their excel models"… pic.twitter.com/hSndNfazrr
— Sawyer Merritt (@SawyerMerritt) June 27, 2024
Ähnlich optimistisch zum Roboter-Potenzial äußerte sich am Donnerstag die Bank Morgan Stanley. Humanoide Maschinen wie der Tesla Optimus dürften laut einer auf X veröffentlichten Studie schneller das Stadium der Kommerzialisierung erreichen als autonom fahrende Autos. Für 2040 sagt die Investmentbank 8 Millionen installierte Roboter dieser Art weltweit voraus, für 2050 schon 63 Millionen. Tesla-Chef Musk prognostizierte in diesem Januar sogar mehr als 1 Milliarde humanoide Roboter wie Optimus in den 2040er-Jahren. So weit geht Morgan Stanley nicht, sieht jedoch immerhin einen adressierbaren Gesamtmarkt im Volumen von 30 Billionen Dollar.
VW-Elektroautos mit Rivian-Hilfe
Der deutsche Volkswagen-Konzern tut sich unterdessen weiterhin schwer mit Elektroautos, die gegen die Angebote von spezialisierten Anbietern wie Tesla und anderen jungen Unternehmen bestehen können. Im vergangenen Juli hatte er sich bereits bei dem chinesischen Startup Xpeng eingekauft und will auf der Plattform für dessen SUV G9 zwei gemeinsam entwickelte Modelle herausbringen. Und am Dienstag kam eine wohl noch umfangreichere VW-Kooperation mit dem US-Startup Xpeng hinzu.
Der deutsche Konzern will zunächst 1 Milliarde Dollar in Rivian investieren, teilten die neuen Partner gemeinsam mit. Damit soll ein Joint-Venture entstehen, in das Volkswagen weitere bis zu 4 Milliarden Dollar investieren will, um eine erstklassige Plattform für Software-definierte Fahrzeuge zu entwickeln. Die Rivian-Aktie profitierte enorm von dieser Nachricht, weil sie dem defizitären Unternehmen mehr finanziellen Spielraum für die kommenden Monate verschafft. Der große Partner aus Deutschland dürfte eher langfristig profitieren. Etwa ab Mitte des Jahrzehnts soll es VW-Elektroautos auf Basis von Software und elektrischer Architektur von Rivian geben, sagte der Chef des Startups laut CNBC.