Es mag ja sein, dass sich in den vergangenen acht Jahren viel verändert hat, aber muss Elon Musk das deshalb gleich zweimal sagen? Fast exakt den gleichen Satz schrieb er einmal Anfang September und erneut in dieser Woche (ohne das „den vergangenen“) auf Twitter, und das jeweils als Antwort auf dieselben Auszüge aus einer E-Mail von ihm aus dem Jahr 2013. Darin erklärte Musk der SpaceX-Belegschaft, warum ein Börsengang für das Weltraum-Unternehmen nicht in Frage kommt. Und nach dem doppelten Verweis auf Veränderungen seit dieser Zeit wird jetzt natürlich spekuliert, dass SpaceX Tesla an die Börse folgen könnte – oder Musk sie sogar zusammenlegt.
Tesla- und Musk-Fans spekulieren
Ein Datum dafür steht auch schon fest – jedenfalls nach Ansicht eifriger Twitter-Follower von Musk, die in seinen angekündigten und etwa zur Hälfte umgesetzten Verkäufen von Tesla-Aktien das codierte Signal „12. Dezember“ sehen. Erst sollte es für einen Aktien-Split bei Tesla stehen, aber ein Börsengang von SpaceX wurde nach Musks neuem Hinweis auch gern genommen. Eine beliebte Spekulation ist schon länger eine Kombination von Tesla und SpaceX zu einer Musk-Firma namens X. Eine Vorliebe für diesen Buchstaben hat der Mehrfach-Unternehmer mit dem schwierigen Namen für seinen Sohn mit der Musikerin Grimes schon gezeigt und später bestätigt. Schon Musks Internet-Finanzfirma, die später mit PayPal fusionierte, hieß zudem X.com, und später kaufte er diese Domain zurück.
Der Name wäre also der Theorie und Historie nach geklärt, aber eine Bestätigung für die vermuteten Musk-Pläne ist nichts davon. Dennoch stellt sich die Frage, warum er gleich zweimal darauf hinwies, wie viel heute anders ist als zu der Zeit seiner Börsen-Absage. Damit könnte er zum einen Bewertungen gemeint haben. Die „manisch-depressive Natur“, die Musk dem Aktienmarkt 2013 diagnostizierte, mag es immer noch geben, aber bei Tesla überwiegt insgesamt klar der manische Anteil. Dadurch konnte das Unternehmen wiederholt zu hohen Kursen, also anders herum gesehen billig, Milliarden an Kapital aufnehmen. Für manche Analysten hat Tesla sich damit am eigenen Schopf aus einem drohenden Sumpf gezogen und hat heute eine kaum angreifbare Position.
Elon on Sept 4, 2021: A lot has happened in the past 8 years
Elon on Nov 29, 2021 to the same thread: A lot has happened in 8 years
🧐🤔 @elonmusk pic.twitter.com/QEsTFW6TD5
— Sawyer Merritt (@SawyerMerritt) November 29, 2021
So gesehen haben sich die mittlerweile gut elf Jahre Tesla an der Börse gelohnt – für Musk wie für seine Mission, und er zeigt sich auch immer weniger beeindruckt von den dort herrschenden Usancen. Für manche Beobachter ist die Tesla-Aktie längst ein Börsen-Monster, das auch mit Heerscharen von begeisterten Privatanlegern den Markt bewegt statt umgekehrt. In einem FT-Beitrag wurde Tesla als die erste aller Meme-Aktien bezeichnet. Der Begriff steht für Unternehmen, deren Kurse scheinbar allein von irrationalem Glauben getragen werden – was aber so lange anhalten kann, dass mit frischem Kapital Realität daraus wird.
„Insolvenz-Risiko“ bei SpaceX
Nach aktuellen Gerüchten, die parallel zu den Börsengang-Spekulationen aufkamen, hat SpaceX soeben versucht, Beschäftigten einige Anteile abzukaufen, weil Nachfrage danach bei Private-Equity-Firmen bestand. Letztlich sollen aber nur halb so viele Aktien zusammengekommen sein wie erwartet. Außerdem wurde eine interne E-Mail von Musk bei SpaceX bekannt, die sich sehr nach Tesla in früheren Zeiten anhört. Einmal kurz sehr akut und einmal chronisch über zwei Jahre war der Elektroauto-Hersteller nach seinen späteren Erzählungen einer Zahlungsunfähigkeit bedrohlich nah – und auch in der SpaceX-Mail soll er jetzt von einem „echten Insolvenz-Risiko“ geschrieben haben.
Bei der Produktion von Raptor-Triebwerken gebe es eine Krise, die viel schlimmer sei als vor einigen Wochen angenommen, erklärte Musk laut Space Explored weiter. Das habe sich bei einer näheren Beschäftigung mit den Problemen gezeigt, die vor kurzem ausgeschiedene hohe Führungskräfte berichtet hätten. Sein eigenes Thanksgiving-Wochenende habe er gestrichen, um sich um das bedrohliche „Desaster“ zu kümmern, wird Musk weiter zitiert, der außerdem alle verfügbaren Kräfte zum Mithelfen an den SpaceX-Standort Hawthorne bat. Auch das klingt nach Tesla, also könnte Musk die beiden Unternehmen mit ihrer jeweils ausgeprägten Zukunftsorientierung und extremen Arbeitsethik vielleicht wirklich zusammenführen und dann zusammen führen.