Bild: Volkswagen
Deutlicher als die meisten anderen Chefs großer traditioneller Autohersteller vertritt der Volkswagen-Vorstandsvorsitzende Herbert Diess die Ansicht, dass Tesla mit seinen innovativen Elektroautos eine existenzielle Bedrohung für die Branche ist. Volkswagen und die anderen Hersteller müssten aufpassen, dass sie nicht das gleiche Schicksal erleiden wie der einstige Mobiltelefon-Marktführer Nokia, der von der Smartphone-Welle vom Markt gespült wurde, sagte er vergangene Woche vor VW-Führungskräften. Doch geschlagen gibt sich Diess noch nicht: „Das Rennen ist offen“, sagte er jetzt in einem Interview mit Blick auf Tesla.
Seine Warnung äußerte Diess nur wenige Tage nach einem historischen Moment an der Börse: Nachdem Tesla zunächst reihenweise deutsche, japanische und amerikanische Autohersteller überholt hatte, ist die Marktkapitalisierung von Elon Musks Elektroauto-Unternehmen mit gut 100 Milliarden Dollar seit dieser Woche auch höher als die von Volkswagen. Dabei baut und verkauft der deutsche Konzern mit Marken wie Audi, Porsche, Seat und VW pro Jahr mehr als 10 Millionen Autos weltweit. Bei Tesla waren es 2019 erst rund 367.500 Fahrzeuge.
Aber während Volkswagen vollwertige Elektroautos wie den angekündigten VW ID.3 erst noch auf den Markt bringen muss, hat sich Tesla dort längst etabliert, zusammen mit einem gut ausgebauten Supercharger-Netz, das Lade-Ängste mildert. Auch bei Software ist Tesla weit vorn. Die derzeit schon produzierten Exemplare des ID.3 zum Beispiel werden laut Berichten vorerst auf Halde gestellt, weil sie noch eine neue Software aufgespielt bekommen sollen.
Dass Diess jetzt von einem „Rennen“ mit Tesla sprach, wenn auch einem offenen, zeigt erneut, wie ernst er die Bedrohung durch Tesla nimmt – was nicht für alle Manager deutscher Autounternehmen zu gelten scheint. Laut Diess ist Volkswagen „ziemlich optimistisch, dass wir mit Tesla noch mithalten und irgendwann wahrscheinlich auch überholen können.“ Mithalten und überholen aber bedeutet, dass Diess Tesla derzeit vor seinem eigenen Konzern sieht – vermutlich nicht nur an der Börse.