Bild: Volkswagen (Symbolfoto)
Mit anhaltender Komponenten-Knappheit und Logistik-Problemen hätte das Jahr 2021 für etablierte Auto-Hersteller aus dem Westen schrecklich ausfallen können – das tat es aber nicht, denn trotz sinkender Stückzahlen blieben die Umsätze meist stabil, und die Gewinne stiegen teils sogar deutlich. Mangels verfügbarer Teile-Masse setzte die Branche auf hohe Margen mittels teurerer Modelle und gestrichener Rabatte. Und dieses aus der Not geborene Prinzip hat Zukunft, wie Äußerungen des Finanzvorstands im VW-Konzern deutlich machen.
VW will jetzt Marge statt Marktanteil
Tesla wächst und wächst, und das Gleiche tun mit Elektroautos mehrere noch junge und auch ältere chinesische Unternehmen. Wenn der Auto-Markt nicht insgesamt viel größer wird, muss das auf Dauer zwangsläufig auf Kosten der etablierten Hersteller gehen. Und genau darauf scheinen sie sich einzustellen, während sie reihenweise zweistellige Milliarden-Investitionen für eigene Elektroautos ankündigen. Mercedes-Benz erklärte schon im Oktober 2020, sich auf das lukrative Luxus-Segment zurückbesinnen zu wollen, BMW-Chef Oliver Zipse betonte Ende 2021, man setze keineswegs auf eine Volumen-Strategie.
Das waren neue Töne, doch 2021 hat gezeigt, dass es funktionieren kann, und jetzt kommen sie auch von Volkswagen als einem traditionellen Massen-Hersteller. Der will im Umbau nach Tesla-Vorbild jetzt nicht etwa zu seinen Wurzeln zurück, sondern sie sozusagen endgültig hinter sich lassen: „Wir sind eher an Qualität und Margen interessiert als an Volumen und Marktanteil“, sagte Arno Antlitz, der Finanzvorstand des Konzerns mit Marken von Skoda bis Bentley, in dieser Woche der Financial Times.
Konkret soll laut Antlitz innerhalb der nächsten acht Jahre erst einmal die Palette an Autos mit Benzin- oder Diesel-Motor bei den VW-Marken kräftig zusammengestrichen werden: in Europa von den derzeit mindestens 100 Modellen um 60 Prozent. Doch dem muss nicht unbedingt eine entsprechende Zunahme bei Elektroautos gegenüberstehen: Die Fixkosten bei Volkswagen seien deutlich reduziert worden, weshalb der Konzern weniger auf Volumen und Wachstum angewiesen sei, sagte der Finanzvorstand. Insgesamt baue Volkswagen keine zusätzliche Produktionskapazität auf, sondern nur alte nach und nach um.
Nur Asien und Tesla im Volumen-Rennen
Aus dem Rennen um die globale Stückzahl-Marktführerschaft scheint Volkswagen also erst einmal ausgestiegen zu sein. Kurz hielt der deutsche Konzern diesen von dem früheren CEO Martin Winterkorn als Ziel eingeführten Titel, bis er 2020 wieder an Toyota ging. Das japanische Unternehmen zeigt unterdessen weniger Neigung zu einem Strategie-Wechsel. Im Gegenteil kündigte Toyota Ende 2021 einen entschlossenen Einstieg mit 30 reinen Elektroautos bis 2030 an und plant laut Gerüchten noch dieses Jahr ein bezahlbares Modell mit Akkus von BYD aus China.
Hinzu kommen schnell wachsende Elektroauto-Hersteller aus dem Land wie BYD selbst. Asiatische Unternehmen könnten die Spitze im weltweiten Volumen-Markt in Zukunft also unter sich ausmachen, während westliche hoffen müssen, dass sie das nicht auch noch Premium-Anteile kostet. Und zu allem hinzu kommt natürlich Tesla, das nach aktuellen Aussagen von CEO Elon Musk in zehn Jahren 20 Millionen Elektroautos verkaufen könnte – etwa doppelt so viel, wie VW in seinen voluminösesten Zeiten an konventionellen Fahrzeugen unter das Volk brachte.