In einer Veranstaltung für Anleger hat der deutsche Auto-Hersteller Mercedes-Benz seinen Weg in eine nicht einfache Zukunft skizziert, in der nach einer neuen Devise Profitabilität vor Volumen-Wachstum gehen soll. Elektroautos spielen in dieser Strategie der Rück-Orientierung auf Luxus auf der einen Seite eine wichtige Rolle, auf der anderen Seite machen sie nur eine von zukünftig fünf Unter-Marken aus. Vor Ende kommenden Jahres sollen fünf reine Elektroautos von Mercedes auf dem Markt sein, aber selbst 2030 sieht Mercedes noch 50 Prozent Anteil für Verbrenner-Autos.
Keine eigenen Zellen wie Tesla
Das Luxus-Segment wachse weltweit nach Prognosen langfristig am stärksten, zugleich habe das Volumen-Geschäft nicht immer die gewünschten Margen geliefert, begründete Ola Källenius, Vorstandschef von Mercedes und der Mutter Daimler, die geplante Verschlankung. Laut einer Mitteilung strebt Mercedes „die führende Position bei Elektro-Antrieben und Fahrzeug-Software“ an. Wie bei Tesla soll beides in Zukunft intern entwickelt werden und Software wie auch bei VW geplant auch an andere Hersteller verkauft werden. Bei Batterie-Zellen will sich der deutsche Hersteller aber anders als Tesla weiter heraushalten.
Und während kleine Verbrenner-Motoren und -Modelle nach und nach verschwinden sollen, hat Mercedes im Luxus-Format weiterhin auch mit konventionellen Antrieben viel vor. Das Potenzial der eigenen Sub-Marken solle jetzt freigesetzt werden, informierte das Unternehmen. Künftig sollen sie jede für sich wachsen und dabei jeweils unterschiedliche Kunden-Segmente besetzen. Die Elektroauto-Marke EQ wird damit eine von fünf neben AMG, Maybach, G und Mercedes-Benz selbst.
Auch die vier klassischen Mercedes-Marken sollen später reine Elektroautos bekommen, bis 2021 aber gehören sie alle zur neuen Marke EQ. Unter der sind bereits die Verbrenner-Umbauten EQC und EQV erschienen und einige Informationen über die elektrische Neuentwicklung EQS bekannt. Die soll Anfang 2021 kommen und außer mit Luxus mit mehr als 700 Kilometern WLPT-Reichweite überzeugen, also mehr als aktuell bei Tesla (aber weniger als beim für den gleichen Zeitraum angekündigten Lucid Air aus den USA).
Electric first mit Hintertür
Wie Mercedes jetzt mitteilte, bekommt der EQS zudem einen SUV-Ableger, und mit EQE und EQE-SUV kommen zwei etwas kleinere Luxus-Elektroautos auf derselben EVA-Plattform hinzu, alle ebenfalls noch 2021. Bis 2025 sollen dann mindestens 10 reine Elektroautos von Mercedes auf dem Markt sein, aber auch 25 oder mehr hybride, für 2030 werden mehr als 20 Elektroautos angepeilt. Doch selbst in diesem fernen Jahr sieht Mercedes den eigenen Anteil von reinen und hybriden Batterie-Fahrzeugen erst bei mindestens 50 Prozent, was noch einen erheblichen Rest für Verbrenner bedeuten würde.
Klar auf rein elektrischen Kurs wie Tesla will Mercedes also immer noch nicht gehen. Sogar die nächste Plattform MMA für mittelgroße Autos soll zwar nach dem Prinzip „electric first“ entstehen; ein Sternchen weist allerdings darauf hin, dass sie eine „intelligente Motor-Strategie“ für elektrifizierte Verbrenner ermögliche.
Bei Luxus-Elektroautos lauert Lucid
All das geht laut Mercedes einher mit „substanziellen Verbesserungsmaßnahmen bei Kosten und industriellem Footprint“, also Sparen und Verkleinerung. Die Fixkosten sollen bis 2025 um 20 Prozent gegenüber 2019 gesunken sein, ebenso wie die Ausgaben für Forschung und Entwicklung sowie Investitionen; auch die variablen Kosten sollen um 1 Prozent pro Jahr sinken. Die große deutsche Marke sucht ihre Zukunft im Elektroauto-Zeitalter also in der reinen Luxus-Nische – in der allerdings mit Lucid schon ein ähnlich gefährlicher US-Herausforderer lauert wie Tesla im Massen-Geschäft, aus dem sie sich jetzt zurückziehen will.