An der Tankstelle sind alle gleich: Fahrer von Autos jeder Preisklasse müssen sich gleichermaßen in die Schlange stellen, wenn es in Stoßzeiten dazu kommt, und frischen Sprit gibt es für absolut jedem mit einem passenden Tank oder Behälter. Bei Elektroautos aber wird es ungleich komplizierter. Bislang war das Supercharger-Ladenetz von Tesla das einzige, das Fahrzeugen der eigenen Marke vorbehalten ist. Doch weil es unter anderem dadurch so zuverlässig funktioniert und viel gelobt wird, kommen auch andere Anbieter auf diese Idee. Audi zum Beispiel will jetzt eine Art Misch-Modell testen.
Porsche-Netz wie Tesla-Supercharger
Vor Audi hatte in diesem März schon Porsche als weitere Premium-Marke des Volkswagen-Konzern angekündigt, für Fahrer der eigenen Elektroautos ergänzend superschnelle Exklusiv-Lader entlang wichtiger europäischer Routen aufzubauen. Konkretes wurde seitdem darüber nicht bekannt. Eine Konzern-Kooperation wäre denkbar gewesen, aber vorerst scheint es bei Alleingängen zu bleiben.
In einer Pressemitteilung zu den eigenen Plänen äußerte sich Audi am Freitag gleichzeitig konkreter und weniger konkret als Porsche. So wird recht detailliert ein Konzept für einen Lade-Cube als eine Art Komplettlösung für Elektroauto-Laden mit Komfort und Stil beschrieben. Vorerst einer davon soll eine als Audi charging hub bezeichnete Station mit bis zu 300 Kilowatt Ladeleistung an jeder von sechs Säulen bestücken. Anders als Porsche legt sich Audi aber noch nicht fest, ob eine ganze Europa-Ergänzung daraus wird: In der Mitteilung ist von einem Praxistest für einen nur „möglichen“ Serieneinsatz die Rede.
Ein Foto (siehe oben) zeigt eine schicke und eher kleine Station fast in der versprochenen Würfel-Form mit Audi-Logo und -Schrift. In einer großzügig verglasten zweiten Etage über den vier sichtbaren Ladeplätzen ist ein Lounge-Bereich zu erkennen. Innen verstecken sich außerdem Akkus mit zusammen 2,45 Megawattstunden Kapazität, heißt es im Text. Dadurch und dank Photovoltaik-Modulen auf dem Dach brauche die Cube-Station selbst nur einen gängigen Starkstrom-Anschluss und könne Elektroautos trotzdem die hohe Leistung liefern. Das soll Zeit und Kosten beim Aufbau sparen, außerdem sei der Würfel rasch transportierbar.
Halb exklusiv für Audi-Elektroautos
Interessant ist auch, wie Audi den Umgang mit den Ladeplätzen und selbst der Lounge regeln will. Anders als Tesla und offenbar Porsche soll das eigene Netz – wenn es denn nach dem Test realisiert wird – nur teilweise Exklusiv-Rechte für Kunden mit Elektroautos der eigenen Marke bieten. Die Ladepunkte könnten jedenfalls in der Test-Phase auch mit Elektroautos anderer Marken genutzt werden, informiert Audi dazu. Das gilt aber nur, wenn sie frei und nicht reserviert sind, und das Reservieren soll den eigenen Kunden vorbehalten bleiben. Ebenso dürfen Fahrer von fremden Fabrikaten nur in „Teile der Lounge“.
Das klingt nach einer Zwei-Klassen-Gesellschaft beim Laden. Das Misch-Modell am selben Standort ist zudem augenfälliger als die strikte Trennung, die sich bei Tesla (und bald wohl auch Porsche) schon dadurch ergibt, dass es von vornherein sinnlos ist, die Exklusiv-Stationen mit einem Fremd-Fabrikat anzusteuern. Bei Audi dagegen könnte es theoretisch vorkommen, dass eine Person mit einem Tesla und eine mit einem Porsche-Elektroauto erst warten müssen und dann neidisch eine Audi-Fahrerin beobachten, für die ein Platz reserviert war und die beim Laden im schöneren Teil der Lounge sitzt. Aber vorerst ist das Modell ja nur ein Test. Der Pilot-Standort wird aktuell gesucht und soll im zweiten Halbjahr eröffnet werden.