„Wenn man auf einer Rakete mit 500 Tonnen hochexplosivem Treibstoff sitzt, macht man sich schon ein paar Gedanken“, sagte Matthias Maurer vor zwei Wochen. Dann musste er erst einmal warten, aber in der Nacht auf Donnerstag deutscher Zeit hat diese Rakete, eine Falcon-9 von Elon Musks Raumfahrt-Unternehmen SpaceX, den deutschen Astronauten (auf dem Foto links) sicher auf den Weg zur Internationalen Raumstation ISS gebracht. Mit dabei beim ersten Raumflug des 51-jährigen Saarländers: drei NASA-Astronauten, die beiden Amerikaner Raja Chari und Thomas Marshburn sowie die Amerikanerin Kayla Barron.
SpaceX bringt 12. Deutschen ins All
Kurz nach 3 Uhr mitteleuropäischer Zeit hob die Falcon-9 in Cape Canaveral im US-Bundesstaat Florida ab und platzierte die Dragon-Raumkapsel rund 20 Minuten später in ihrer Erdumlaufbahn. In der kommenden Nacht, kurz nach 1 Uhr mitteleuropäischer Zeit, soll das Schiff an die ISS andocken. Maurer wird dann sechs Monate lang im Außenposten der Menschheit gut 400 Kilometer über der Erde leben und arbeiten.
Matthias Maurer begann seine Astronauten-Karriere 2010, als er im Europäischen Zentrum der ESA in Köln zunächst als Ingenieur und Controller arbeitete. Fünf Jahre später wurde der promovierte Materialwissenschaftler als Astronauten-Anwärter nachberufen. 2017/18 machte er seine Grundausbildung. Nun konnte er seinen ersten Flug antreten. Maurer ist damit der zwölfte deutsche Astronaut. Die ersten waren Sigmund Jähn 1978 für die DDR und Ulf Merbold 1983 für die BRD. Der letzte deutsche Astronaut vor Maurer, Alexander Gerst, flog 2014 und 2018 zur ISS, beide Male mit der Sojus-Kapsel. Das russische Raumschiff war lange Zeit das einzige Transportmittel zur Internationalen Raumstation, nachdem die NASA ihre Space Shuttles 2011 endgültig ausgemustert hatte.
Im Mai 2020 starteten dann erstmals wieder Astronauten auf einem US-amerikanischen Transportsystem: der Crew Dragon von SpaceX. Es folgten zwei weitere Crew-Transporte für die NASA zur ISS sowie in diesem September die erste vollprivate Orbital-Mission „Inspiration-4“ mit der Dragon. Maurers Flug ist nun der fünfte bemannte Dragon-Flug. Zugleich ist der Deutsche der 600. Mensch, der in der Geschichte der Raumfahrt ins All (mehr als 100 km Höhe) geflogen ist.
Experimente mit Roboter-Hilfe
Während seiner halbjährigen Mission, die der Saarländer „Cosmic Kiss“ genannt hat, soll er 36 deutsche und mehr als 100 internationale Experimente betreuen, wie das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt DLR mitteilte. Maurer wird sich mit der Kristallisation verschiedener Beton-Mischungen beschäftigen, ebenso wie mit einem neuen Anzug zur elektrischen Muskel-Stimulation, um einen 3D-Biodrucker zur Wundtherapie und um neue antimikrobielle Oberflächen, von denen auch die irdische Medizin profitieren soll. Unterstützt wird der deutsche Astronaut von einem vom DLR entwickelten Roboter namens CIMON-2. Der kugelförmige Assistent mit dem Bildschirm-Gesicht, der Ende 2019 mit der Frachtvariante der Dragon zur ISS gebracht wurde, war Anfang 2020 von dem ESA-Astronauten Luca Parmitano erfolgreich getestet worden.