Was für Volkswagen Wolfsburg ist, ist für BMW München – offizieller Sitz des Unternehmens und zugleich der Standort, an dem sich seine erste Fabrik befindet. Während VW-Konzernchef Hebert Diess offen über Umbau-Bedarf wegen der Herausforderung durch Tesla spricht, zeigt sich BMW mit Blick Elektroautos allerdings sowohl weniger ambitioniert als auch weniger bescheiden. Respektvolles Lob für Tesla hört man aus München nicht, aber am Freitag informierte das Unternehmen über den Start der Produktion seines i4 im Stammwerk München, die ein „Musterbeispiel für eine intelligente und effiziente Integrationsleistung“ sei. Doch anders als neue VW-Elektroautos basiert der BMW immer noch auf einer gemischten Plattform, die auch für Verbrenner dient.
Ein „Tesla-Fighter“ von BMW
Wenn es nach vielen deutschen Online-Publikationen geht, dann gibt es jetzt wieder einen „Tesla-Fighter“. Früher wurden solche Ausdrücke (manchmal auch bis hin zum „Killer“) in Berichten über Elektroautos traditioneller Hersteller viel benutzt, doch nachdem die ersten Generationen wenig gegen den Pionier ausrichten konnten, sind sie selten geworden. Am Freitag aber fand die Nachrichten-Agentur dpa, mit dem i4 habe BMW begonnen, einen Tesla-Fighter zu produzieren, und viele Redaktionen beließen es bei der dahingehenden Überschrift.
Für BMW selbst ist das i4-Elektroauto ein „Meilenstein für dieses Werk und seine Mannschaft auf dem Weg in Richtung E-Mobilität“, wie einer Pressemitteilung zu entnehmen ist. In einer interessanten rhetorischen Verrenkung erklärte außerdem der Produktionsvorstand, das Münchner Werk sei auf dem Weg, „rein elektrisch“ zu werden. Bei BMW reicht es dafür aus, dass laut der Mitteilung ab 2023 mehr als die Hälfte der im Stammwerk produzierten Fahrzeuge einen elektrifizierten Antrieb haben wird und der Großteil davon reine Strom-Autos sein werden.
Ähnlich inkonsequent ist nach Ansicht von Testern auch der BMW i4 selbst. Vom Format her könnte er eine Alternative zum Model 3 von Tesla sein, das Verbrenner-Herstellern gerade im sportlichen Premium-Segment Kunden abjagt. Aber das deutsche Elektroauto teilt sich die Architektur mit vielen konventionellen Fahrzeugen von BMW, was Kompromisse erforderlich macht. So gibt es den i4 auch als stärkere M-Version. Normalerweise mischen diese BMWs an der sportlichen Spitze ihrer Klasse mit. Doch der i4 M50 ist laut der Zeitschrift auto, motor und sport nicht nur 10.000 Euro teurer als das Tesla Model 3 Performance, sondern auch 400 Kilogramm schwerer, „beschleunigt dementsprechend schlechter und kann auch bei bei der Höchstgeschwindigkeit nicht mithalten“.
Neue Elektroauto-Klasse ab 2025
Immerhin bei der Norm-Reichweite gelingt es dem BMW i4 mit einem etwas größeren Akku, ungefähr mit dem Tesla Model 3 in der Version Long Range mitzuhalten, und er lädt mit bis zu 200 Kilowattstunden Leistung. Schon der Einstiegspreis ist aber mit 58.300 Euro rund 5000 Euro höher als bei Tesla – und wie bei deutschen Herstellern üblich, ist das aufgrund mäßiger Serien-Ausstattung und vieler Optionen wirklich nur der Anfang.
Technisch und vielleicht auch preislich interessanter könnten deshalb BMW-Elektroautos ab 2025 werden. Ab dann ist eine „Neue Klasse“ geplant, deren Architektur „kompromisslos für elektrische Antriebe optimiert“ sein soll. Von dem Misch-Modell mit Plattformen für alle Antriebe hat sich verspätet also auch BMW verabschiedet – hält sich aber immer noch eine Wasserstoff-Option für die Neue Klasse offen.