Chinesische Elektroauto-Unternehmen zieht es nach Europa: Neben BYD mit gleich drei Modellen will auch Nio noch vor Ende des Jahres die ersten Exemplare seiner Limousine ET7 an frühe Besteller unter anderem in Deutschland übergeben. Eine Besonderheit dabei ist, dass Nio sein Konzept des schnellen Akku-Tauschs an speziellen Stationen mitbringt. Die erste deutsche ging vergangene Woche ans Netz und eine zweite scheint davorzustehen. Doch in einem Interview kurz vor dem offiziellen Start beklagte sich der Gründer des Startups: Hohe Strom-Kosten und Bürokratie würden Nio in Europa bremsen, sagte William Li, der weiterhin auch CEO ist.
Tausch-Stationen für Elektroauto-Akkus
Dass in dem großen Sortimo-Ladepark an der A8 im bayerischen Zusmarshausen die erste Power Swap Station von Nio entsteht, ließ sich schon Anfang September nicht übersehen. Ende des Monats bestätigte das Unternehmen, dass sie vor den ersten E7-Auslieferungen an diesem Freitag ans Netz gegangen sei (s. Foto oben). Aus Berlin wurden in dieser Woche abschließende Arbeiten an einer Tausch-Station in Spandau und an einem Nio House nahe am Zoologischen Garten gemeldet, und in einem großen Ladepark in NRW wird eine weitere Swap Station gebaut.
Nio scheint also weitestgehend bereit für den Deutschland-Start in dieser Woche. Laut dem Gründer Li kommt das Unternehmen in Europa allerdings langsamer voran als vorgesehen. Beim Aufbau der Akkuwechsel-Stationen liege man hinter dem eigenen Zeitplan, räumte er in einem Interview mit der Financial Times (FT) vergangene Woche offen ein. Dafür gebe es mehrere Gründe. Einer davon liege in hohen Kosten für Strom, ein anderer in langwierigen Genehmigungsprozessen.
Vor kurzem hatte Nio schon den 1100. Tausch-Standort in seiner Heimat gemeldet und angekündigt, bis 2025 im Rest der Welt hauptsächlich in Europa 1000 weitere realisieren zu wollen. In China sei der Aufbau der Stationen recht schnell und effizient vor sich gegangen, erklärte Li dazu laut dem FT-Bericht. Das Gleiche habe man für die europäische Expansion erwartet, doch das hier erreichte Tempo liege darunter. Ein wenig scheint Nio hier also Erfahrungen wie Tesla mit dem langen Genehmigungsverfahren für seine deutsche Gigafactory zu machen.
Nio-Chef: Zwei Jahre für neuen Transformator
Zum Beispiel sei es in Europa schwierig, Baugenehmigungen für die Tausch-Stationen zu bekommen, erklärte Li laut dem FT-Bericht. Es koste viel Aufwand und Zeit, dafür mit den zuständigen Behörden und anderen Stellen zu kommunizieren. Bis ein neuer Transformator installiert sei, könnten auf diese Weise bis zu zwei Jahre vergehen. In Norwegen sollten bis Ende dieses Jahres fünf Nio-Stationen stehen, bislang sind es jedoch nur zwei.
Als weiteren bremsenden Faktor nannte der Nio-Chef laut FT die europäischen Strom-Kosten, die in den vergangenen Monaten durch den russischen Angriff auf die Ukraine stark gestiegen sind, ging aber nicht näher darauf ein. Verzögerungen sieht Li auch durch steigende Batterie-Kosten kommen – aber nicht beim Verkauf von Elektroautos, sondern bei der eigenen Profitabilität. Hier müsse man die richtige „Kadenz“ finden, sagte der Gründer des Unternehmens, das an der US-Börse notiert ist und für das zweite Quartal 2022 noch einen Verlust von 411 Millionen Dollar meldete.